Rezension

Tolle Idee, aber viel verschenktes Potential & langatmige Umsetzung

Cold Storage - Es tötet - David Koepp

Cold Storage - Es tötet
von David Koepp

~ „Cold Storage“ ist ein Science-Fiction-Thriller, der insgesamt ganz nett zu lesen ist, von dem ich mir aber viel mehr erwartet habe und der mich leider nicht auf ganzer Linie überzeugen konnte. Einem herrlich Furcht einflößendem Prolog folgen ein hoch interessanter, spannender erster Teil und ein enttäuschender, zäher und langatmiger zweiter Teil. Das liegt daran, dass sich die Geschichte immer wieder in langatmigen Beschreibungen des Lebens der Figuren verliert. Bis zum Ende kann sich die Geschichte nicht mehr von diesem Spannungseinbruch erholen. „Cold Storage“ ist zwar kein literarisches Meisterwerk, aber der Schreibstil lässt sich flüssig und angenehm lesen. Leider blieb mir die Sprache stellenweise aber auch zu oberflächlich und spannungsarm, manche Fachbegriffe wurden nicht ausreichend erklärt. Auf ganzer Linie überzeugt hat mich hingegen, dass eindrucksvoll und auf faszinierende Weise gezeigt wurde, wie sich die Gedanken der Infizierten verändern, sobald sie mit dem Pilz in Berührung gekommen sind. David Koepp hatte ohne Frage eine sehr gute Idee und hat sehr genau recherchiert. Das sieht man an den vielen detaillierten Beschreibungen des Pilzes und der biochemischen Vorgänge. Der Autor hat in seinem Buch einen absolut Furcht einflößenden Pilz erschaffen, der unglaublich intelligent und anpassungsfähig ist. Sehr spannend fand ich auch, dass wir immer wieder Einblicke in die „Denkweise“ des Pilzes erhalten und die Geschichte daher in gewisser Weise auch aus seiner Sicht erzählt wird. Dabei gleicht das Buch stellenweise einem Splatter-Film und enthält durchaus ironische Anspielungen auf das Genre und überzogene Szenen. Auch Action-Szenen gibt es – leider sind diese aber nicht halb so „herausragend“, wie dies im Klappentext versprochen wurde. Der Humor, der in der Buchbeschreibung angepriesen wurde, war eher spärlich gesät und traf leider nicht immer meinen Geschmack. Viele Themen wie Elternschaft, Eheprobleme, Depression etc. werden kurz angeschnitten, doch leider geht der Autor meist nicht in die Tiefe. Alle Hauptfiguren bis auf Naomi (die ich mochte) fand ich okay, sie waren mir „mittelsympathisch“, konnten mich aber nicht berühren oder ganz überzeugen. Es fehlte mir oft das gewisse Etwas, die Nebenfiguren blieben zudem blass oder waren extrem unsympathisch. Kurz: „Cold Storage“ ist ein mittelmäßiges Buch, das mich leider nicht auf ganzer Linie überzeugen konnte und das mir bestimmt auch nicht lange in Erinnerung bleiben wird. Schade, dass das Potential einer tollen Idee nicht ausgeschöpft werden konnte. ~

Inhalt

 In David Koepps Science-Fiction-Thriller „Cold Storage – Es tötet“ geht es um einen tödlichen Pilz, der (bis auf eine kleine Probe, die für Forschungszwecke genommen wurde) 1987 gerade noch rechtzeitig vernichtet werden konnte. Im Jahr 2019 hören Teacake und seine Kollegin Naomi während ihrer Nachtschicht in einem Lagerhaus plötzlich ein leises Piepsen, das sie ins vierte Untergeschoss führt – ein Stockwerk, das es eigentlich gar nicht geben dürfte. Dort unten wartet der Pilz, der die gesamte Menschheit vernichten könnte, nur noch auf die passende Gelegenheit, das Lagerhaus zu verlassen…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: HarperCollins
Seitenzahl: 336
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche und weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis mittel
Tiere im Buch: -! Das Buch ist für TierliebhaberInnen nicht immer einfach zu ertragen, da einige Tiere verletzt oder getötet werden. Eine Hirschkuh und eine Katze werden erschossen – bei der Hirschkuh ist es ein Gnadenschuss, der jedoch zuerst schiefgeht und dem Tier weitere Schmerzen bereitet, die Katze muss sterben, weil der Sohn einer Familie findet, dass sie wegen ihres Alters und ihrer Krankheiten zu teuer ist (obwohl die Eltern das Tier über alles lieben). Dieser dumme, egoistische Mann hat mich so wütend gemacht! Es gibt zudem einen Rattenkönig (Ratten, die an den Schwänzen zusammengewachsen sind) – die Ratten werden mit einem Metallrohr „erlöst“.

Warum dieses Buch?

 Nicht nur das Cover und der Klappentext haben mich sofort neugierig gemacht, sondern auch die Tatsache, dass der Autor als Drehbuchschreiber bei „Jurassic Park“ mitgewirkt hat – einem Film, den ich absolut liebe. Außerdem bin ich ein Fan von Endzeitszenarien: Egal ob es um Zombieapokalypsen, tödliche Viren oder den Zusammenbruch der Wasserversorgung geht - ich bin dabei! Spannung, sympathische Figuren und Humor wurden ebenfalls in der Buchbeschreibung versprochen -  das Buch klang wie für mich gemacht!

Meine Meinung

Einstieg (♥)

Das Buch beginnt mit einem wunderbaren, herrlich Furcht einflößendem Prolog, den ich absolut großartig fand. Auch danach ist mir der Einstieg sehr schnell und gut gelungen, da der erste Teil der Handlung äußerst spannend und interessant ist.

Schreibstil (+/-)

Dass man bei „Cold Storage“ kein literarisches Meisterwerk erwarten darf, sondern dass Action und Horror im Vordergrund stehen, sollte einem im Vorhinein klar sein. Wenn man weiß, worauf man sich einlässt, ist der Schreibstil durchaus flüssig, einfach und angenehm zu lesen. Leider blieb mir die Sprache stellenweise aber auch zu oberflächlich und spannungsarm, mir war es oft zu viel „tell“ und zu wenig „show“. Zudem wurden manche Fachbegriffe nicht ausreichend erklärt, was ich manchmal etwas frustrierend fand.

Auf ganzer Linie überzeugt hat mich hingegen, dass eindrucksvoll gezeigt wurde, wie sich die Gedanken der Infizierten verändern, sobald sie mit dem Pilz in Berührung gekommen sind. Während im Körper gerade Chaos ausbricht, stillt der Pilz die Schmerzen und suggeriert seinen Opfern, dass alles in bester Ordnung ist. Da fragen sie sich zum Beispiel plötzlich vollkommen zusammenhanglos, wo der nächste Telefonmasten ist, ohne richtig zu verstehen, was eigentlich in ihnen vorgeht. Ihre Gedanken werden instinktgetrieben und animalisch. Der Autor verzichtet zunehmend auf Interpunktion und schildert die sprunghaften Gedanken der Betroffenen auf unheimliche Weise. Das fand ich großartig!

„Ich muss da rein die Tür ist zu ich muss da rein ich muss Tür ist zu“ Seite 217

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (+/-)

David Koepp hatte ohne Frage eine sehr gute Idee und hat sehr genau recherchiert. Das sieht man an den vielen detaillierten und meist auch bis zu einem gewissen Grade glaubwürdigen Beschreibungen des Pilzes und der biochemischen Vorgänge. Der Autor hat in seinem Buch einen absolut Furcht einflößenden Pilz erschaffen, der unglaublich intelligent und anpassungsfähig ist und uns LeserInnen das Fürchten lehrt. Man kann nur hoffen, dass so ein Pilz niemals durch eine Mutation entsteht oder künstlich im Labor erschaffen wird. Sehr spannend fand ich auch, dass wir immer wieder Einblicke in die „Denkweise“ des Pilzes erhalten und dass die Geschichte daher in gewisser Weise auch aus seiner Sicht erzählt wird.

Dabei gleicht das Buch stellenweise einem Splatter-Film und enthält durchaus ironische Anspielungen auf das Genre und überzogene Szenen. Auch viele Action-Szenen gibt es – leider sind diese aber nicht halb so „herausragend“ und gelungen, wie dies im Klappentext versprochen wurde. Vielleicht habe ich einfach schon zu viele Filme dieser Art gesehen, aber die Kampfszenen konnten mir nicht viel mehr als ein müdes Lächeln entlocken. Während ich den ersten Teil, der in der Vergangenheit spielt, als absolut spannend und gelungen empfand, sank die Spannung leider in den Keller, als die Handlung in die Gegenwart sprang. Das liegt daran, dass sich die Geschichte immer wieder in langatmigen Beschreibungen des Lebens der Figuren verliert. Bis zum Ende erreicht die Geschichte nie mehr das Spannungslevel des Beginns. So ist ein Thriller entstanden, der insgesamt ganz nett zu lesen ist, der mich aber leider nicht ganz überzeugen konnte und mir (bis auf den Pilz selbst) sicher nicht lange in Erinnerung bleiben wird.

Der Humor, der auf der Buchrückseite angepriesen wurde, war eher spärlich gesät und traf nicht immer meinen Geschmack. Auch hier habe ich mir einfach mehr erwartet. Viele Themen wie Elternschaft, Eheprobleme, Depression etc. werden kurz angeschnitten, doch der Autor geht nur selten in die Tiefe – und wenn er es tut, dann auf eine langatmige Weise. Die Geschichte endet mit einem durchschnittlichen Schluss, der mich ebenfalls nicht in Begeisterungsstürme verfallen ließ.

„Im Grunde musste er sie vielmehr aufspüren, als ihr zufällig zu begegnen. Allerdings wirkte es immer ein wenig unheimlich, wenn man einer attraktiven Frau „zufällig“ begegnete und dabei total verschwitzt und außer Atem war.“ Seite 73

ProtagonistInnen & Figuren (+/-)

 Auch die sehr sympathischen Figuren habe ich in diesem Buch vergeblich gesucht. Alle Hauptfiguren bis auf Naomi (die ich mochte) fand ich okay, sie waren mir „mittelsympathisch“, konnten mich aber nicht wirklich berühren. Vielleicht war ich deshalb ein wenig distanziert und habe nicht auf jeder Seite mitgefühlt und um das Leben der ProtagonistInnen gebangt. Teacake fand ich außerdem etwas nervig. Es fehlte mir oft das gewisse Etwas. Die Nebenfiguren blieben blass oder waren extrem unsympathisch.

„Es war immer dasselbe. Wenn Frauen klug genug waren, ihn zu durchschauen, waren sie auch klug genug, ihn nicht näher kennenzulernen.“ Seite 84

Spannung & Atmosphäre (-!)

 Was Spannung und Atmosphäre betrifft, konnte der Autor im ersten, hoch interessanten und spannenden Teil absolut glänzen. Man versteht schnell, wie tödlich und eigentlich unbesiegbar dieser Pilz ist, und gruselt sich, als die SoldatInnen und die Wissenschaftlerin in der Wüste auf ein Dorf voller Leichen stoßen. Leider nimmt die Spannung im zweiten Teil schnell ab und bot nicht genügend unerwartete Wendungen und Spannungsmomente, um mich zu fesseln. Die Genre-Zuordnung „Thriller“ hat das Buch meiner Meinung nach nicht wirklich verdient. Schade, dass das Potential einer tollen Idee nicht ausgeschöpft werden konnte.

Feministischer Blickwinkel (+/-)

 Es gab ein paar Dinge, die mir gut gefallen haben: Ein Mann putzt, am Beginn ist Roberto einer Frau unterstellt, auch die Wissenschaftlerin ist weiblich, Sexismus wird angesprochen und Naomi ist eine sehr intelligente und starke Frau, die auch nach der Geburt ihres Kindes noch arbeitet und sich weiterbildet. Zudem hat Teacake zwei Mütter und das Buch besteht – wenn auch nur durch einen winzigen Dialog – sogar den Bechdel-Test.

Es hat aber auch einige Dinge gegeben, die mir überhaupt nicht gefallen haben: Zum einen gibt es vereinzelt frauenfeindliche Sprache wie „Hu+++sohn“ und „Teenagerschla+++“, zum anderen wird auch Machtmissbrauch thematisiert. Ein erwachsener Mann schläft mit Minderjährigen und ein Mann stalkt eine Frau. Immerhin reagiert sie angemessen wütend darauf und er sieht ein, dass er einen Fehler gemacht hat. Sehr aufgeregt haben mich die Gedanken eines Mannes, der sauer ist, weil er von seiner Frau „nicht bekam, was ihm zustand“. Was ist das bitte für ein ekelhaftes Anspruchsdenken? Niemandem steht Sex mit einer Frau zu – auch nicht in der Ehe! Rape Culture lässt grüßen!

Mein Fazit

„Cold Storage“ ist ein Science-Fiction-Thriller, der insgesamt ganz nett zu lesen ist, von dem ich mir aber viel mehr erwartet habe und der mich leider nicht auf ganzer Linie überzeugen konnte. Einem herrlich Furcht einflößendem Prolog folgen ein hoch interessanter, spannender erster Teil und ein enttäuschender, zäher und langatmiger zweiter Teil. Das liegt daran, dass sich die Geschichte immer wieder in langatmigen Beschreibungen des Lebens der Figuren verliert. Bis zum Ende kann sich die Geschichte nicht mehr von diesem Spannungseinbruch erholen. „Cold Storage“ ist zwar kein literarisches Meisterwerk, aber der Schreibstil lässt sich flüssig und angenehm lesen. Leider blieb mir die Sprache stellenweise aber auch zu oberflächlich und spannungsarm, manche Fachbegriffe wurden nicht ausreichend erklärt. Auf ganzer Linie überzeugt hat mich hingegen, dass eindrucksvoll und auf faszinierende Weise gezeigt wurde, wie sich die Gedanken der Infizierten verändern, sobald sie mit dem Pilz in Berührung gekommen sind. David Koepp hatte ohne Frage eine sehr gute Idee und hat sehr genau recherchiert. Das sieht man an den vielen detaillierten Beschreibungen des Pilzes und der biochemischen Vorgänge. Der Autor hat in seinem Buch einen absolut Furcht einflößenden Pilz erschaffen, der unglaublich intelligent und anpassungsfähig ist. Sehr spannend fand ich auch, dass wir immer wieder Einblicke in die „Denkweise“ des Pilzes erhalten und die Geschichte daher in gewisser Weise auch aus seiner Sicht erzählt wird. Dabei gleicht das Buch stellenweise einem Splatter-Film und enthält durchaus ironische Anspielungen auf das Genre und überzogene Szenen. Auch Action-Szenen gibt es – leider sind diese aber nicht halb so „herausragend“, wie dies im Klappentext versprochen wurde. Der Humor, der in der Buchbeschreibung angepriesen wurde, war eher spärlich gesät und traf leider nicht immer meinen Geschmack. Viele Themen wie Elternschaft, Eheprobleme, Depression etc. werden kurz angeschnitten, doch leider geht der Autor meist nicht in die Tiefe. Alle Hauptfiguren bis auf Naomi (die ich mochte) fand ich okay, sie waren mir „mittelsympathisch“, konnten mich aber nicht berühren oder ganz überzeugen. Es fehlte mir oft das gewisse Etwas, die Nebenfiguren blieben zudem blass oder waren extrem unsympathisch. Kurz: „Cold Storage“ ist ein mittelmäßiges Buch, das mich leider nicht auf ganzer Linie überzeugen konnte und das mir bestimmt auch nicht lange in Erinnerung bleiben wird. Schade, dass das Potential einer tollen Idee nicht ausgeschöpft werden konnte.

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Sterne
Umsetzung: 3 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 5 Sterne ♥
Schreibstil: 3,5 Sterne
ProtagonistInnen: 3 Sterne
Nebenfiguren: 2 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Atmosphäre: 2 Sterne
Ende / Auflösung: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 3 Sterne
Feministischer Blickwinkel: +/-

Insgesamt:

❀❀❀ Lilien

 Dieses Buch bekommt von mir insgesamt gerade so drei Lilien!