Rezension

Tolle Idee, die nicht voll ausgeschöpft wurde

Die Muschelsammlerin. Deine Bestimmung wartet - Charlotte Richter

Die Muschelsammlerin. Deine Bestimmung wartet
von Charlotte Richter

Bewertet mit 3 Sternen

Mariel lebt mit ihrer Familie glücklich auf einer Insel im Staat Amlon. In dieser fiktiven Welt ist alles schön, die Menschen sind glücklich. Für die Jugendlichen, die 18 Jahre alt werden, gibt es die jährliche Ritualfeier „Tag der Verbindung“. Während dieser Feier kommen Seelenpartner aus dem Land Nurnen und jeder soll den perfekten Partner für sein Leben bekommen. Jedes Jahr bleiben aber einige übrig, dies sind die Sonderbaren, für die sich kein Partner gefunden hat. Diese können nicht in der perfekten Welt verbleiben, sondern müssen nach Xerax, eine Nachbarinsel, auf der es nicht ganz so wunderbar ist. Mariels schlimmste Befürchtung wird wahr, obwohl sie immer von ihrem Seelenpartner geträumt hat und überzeugt ist, dass es ihn gibt, erscheint dieser nicht. Für sie wird die perfekte Welt zum Albtraum, sie wird zur Sonderbaren, ihre Berührung macht unrein, sie wird sang und klanglos aussortiert, Alternativen gibt es nicht. In dem Jahr gibt es außergewöhnlich viele Sonderbare, mit einigen macht sich Mariel auf nach Nurnen. Sie erhalten so die Chance ihren Seelenpartner dort zu finden und nach Amlon zu holen, um doch noch ein perfektes Leben zu erhalten.

Nurnen ist ein Land in dem alles anders ist, als man es vermutet und es ist gefährlich, verbleiben sie zu lange dort, müssen sie sterben.

Mariel und ihre Mitstreiter stellen sich dort diversen Problemen, sich selber und wachsen als Gruppe zusammen und über sich hinaus.  Sie beginnen das System zu hinterfragen und stellen fest, dass sie von Verantwortlichen nicht immer die Wahrheit gehört haben. Sie müssen sich entscheiden, wie sie mit ihren Erkenntnissen umgehen wollen. Gehen sie einfach zurück oder wollen sie etwas verändern.

Mariel und ihre Freunde, Tammo, Sander, Tora und Perselos werden gut vorgestellt, ihre Geschichten sind interessant  und man kann ihre Entwicklung nachvollziehbar begleiten. Alle müssen sich ihrer Vergangenheit stellen, an sich arbeiten und weiterentwickeln. Mariel wird von dem verträumten Mädchen zur Gallionsfigur der Gruppe, die Kräfte, die sie mobilisieren kann, sind wichtig für die Gruppe, die Mission und schließlich auch für Amlon. Ob sie ihre Gabe dort zur Verfügung stellen möchte, kann man unterhaltsam in den 422 Seiten nachlesen. Der Schreibstil ist einem Jugendbuch angemessen, einfach aber doch spannungsgeladen, so dass man immer gerne weiterlesen möchte.

Ein Genre konnte ich hier nicht direkt zuordnen, irgendwie  etwas zwischen positive (?!) Dystopie, Liebesgeschichte und Jugendbuch.

Die Idee der Geschichte ist gut, mit der Umsetzung hapert es jedoch.

Die Welten wurden gut erdacht: das oberflächliche Amlon, das nur das Schöne und Angepasste akzeptiert und mit versteckter Gewalt gegen alles Andersartige vorgeht. Nurnen, das Land der Ahnungslosen, in dem die Menschen aber glücklich sind. Xereax, die Insel der Sonderbaren. Die Außenwelt als unbekanntes Terrain, vermutlich unsere Welt nach einer Katastrophe.

Obwohl das Buch durchgehend gut lesbar ist und unterhält, gibt es doch einige Brüche. Manchmal scheint die Autorin nicht recht weitergewusst zu haben, einige Passagen sind deutlich schwächer ausformuliert und schlechter durchdacht als andere. Auch oder gerade ein Jugendbuch sollte an jeder Stelle hinterfragbar sein, das fehlte mir hier.

Das Ende ließ mich zugegebenermaßen verwirrt zurück. Da ich das Buch in einer Leserunde gelesen habe, kann ich sagen, dass es auch anderen so erging. Schade, hier hätte man durchaus ein Statement zu den angesprochenen Themen setzen können. Da konnten das traumhaft schöne Cover und die gut erdachten Welten auch nicht drüber hinwegtrösten.  3 von 5 Sternen