Rezension

tolle Parabel

Marthas Widerstand - Kerry Drewery

Marthas Widerstand
von Kerry Drewery

Bewertet mit 5 Sternen

„Marthas Widerstand“ spielt in einer Utopie unserer nahen Zukunft. Die Judikative  Gewalt ist abgeschafft wenn es um die Aburteilung von Mord und Totschlag geht. Es gibt weder Anwälte noch Richter noch eine Gerichtsverhandlung. Statt dessen wird eine siebentägige Liveshow veranstaltet – nach dem Muster von „Deutschland sucht den Superstar“ oder „…das Supermodel“. Sieben Tage werden die Angeklagten vorgeführt und ihre Straftat nach allen Regeln der Medienkunst ausgeschlachtet und durchgekaut. Dabei geht es nur oberflächlich um die Wahrheit. Eigentlich ist alles Fake und die Fernsehzuschauer, die live täglich darüber abstimmen dürfen, ob der oder die Angeklagte am Ende zum Tode verurteilt werden soll, werden durch den Moderator und die Art der Berichterstattung von Anfang an beeinflusst, ja teilweise regelrecht belogen. Jedem ist das auch bis zu einem gewissen Grad klar und dennoch erfreut sich diese neue Form der Rechtsprechung großer Beliebtheit und wird von Staat und durchführendem Sender als gerecht und effektiv angepriesen.

Die noch minderjährige und verwaiste Martha wird mit einer Waffe in der Hand neben einem erschossenem Fernsehstar gefunden und gesteht sofort, diesen ermordet zu haben. Die Psychologin, die sie in den sieben Tagen der Fernsehshow begleiten soll, hat von Anfang an den Verdacht, dass sie lügt und versucht das Mädchen dazu zu bringen, ihr Geständnis zu wiederrufen und wenigsten zu versuchen, dem Todesurteil durch die Zuschauer zu entgehen. Aber Martha verschweigt die Wahrheit und als Leser bekommt man schnell den Eindruck, dass sie etwas ganz bestimmtes mit all dem bezweckt. Ihre Hinrichtung soll irgendwie die Menschen zum Umdenken bringen.

In Rückblenden und durch die Suche der Psychologin Eve erfährt man Stück für Stück aus Marthas Vergangenheit. Vom Tod der Mutter, vom tatsächlichen Leben des ermordeten Fernsehstars, von seinem Sohn, der mehr als ein Freund von Martha geworden ist, von Eves Mann, der selbst wegen Notwehr durch eine Fernsehshow zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.

 

Die Geschichte von „Marthas Widerstand“ liest sich leicht und fesselte mich von Anfang an. Die Ausgangslage erscheint vielleicht etwas weit hergeholt und unrealistisch. Aber ich habe es ziemlich schnell akzeptiert, dass die überzogene Darstellung sich als Parabel und als Warnung gleichermaßen sehr gut macht. Es geht darum, wie sehr der Mensch sich von den Medien beeinflussen und verbiegen lässt, wie sehr er die Verlogenheit akzeptiert und dennoch mitmacht bei der Verurteilung von Menschen, die sich nicht wehren können und der falschen Berichterstattung vollkommen ausgeliefert scheinen. Mir hat auch gut gefallen, dass der Blickwinkel oft gewechselt wird und man vor allem Eve sehr nahe kommt, während Martha lange geheimnisvoll und ihr Plan undurchschaubar sind.

 

Ein empfehlenswertes Buch und mit seiner ansprechenden Covergestaltung und dem spannenden Finale eine runde Sache.