Rezension

tolle Trilogie aber ein Abschlussband mit Schwächen

Die Bestimmung - Letzte Entscheidung - Veronica Roth

Die Bestimmung - Letzte Entscheidung
von Veronica Roth

Bewertet mit 4 Sternen

Inhaltliche Spoiler zu den ersten beiden Teilen! Zudem sei gesagt, dass sich das Lesen dieses Abschlussbandes nicht empfiehlt, wenn man den Rest der Trilogie nicht kennt. Abgesehen davon, dass man zwei tolle Bücher verpassen würde, ist es beinahe unmögliche, sämtliche Zusammenhänge mit den dezenten Rückblicken zu erfassen und sich wirklich in die Personen einzudenken.

 

 

Nach den Kämpfen zwischen den zersplitterten Fraktionen und den Fraktionslosen ist die Stimmung in der Stadt immer noch hochexplosiv. Besonders nachdem die Bewohner erfahren haben, dass sie jahrelang über die Geschichte ihrer Stadt belogen wurden. Tris und Four machen sich gemeinsam auf die Suche nach der Wahrheit, aber außerhalb der Stadt entdecken sie nur noch weitere Lügen und werden in neue Kämpfe gezogen...

 

Die Handlung setzt relativ nahtlos an die Ereignisse des Vorgängerbandes an. Der Beginn der Geschichte ist sehr rasant, beinahe überstürzt und vieles geht viel zu schnell und zu einfach. Danach wird es sehr lange sehr ruhig. Einige Figuren werden von dem, was sie außerhalb der Stadt erfahren, so aus der Bahn geworfen, dass sie zu keinem klaren Gedanken mehr fähig sind, was letztlich auch zu voreiligem, unüberlegten Handeln mit schwerwiegenden Folgen führt. Die sich im Kreis drehenden Gedanken zerren allerdings nicht nur an den Nerven der Protagonisten, sondern auch an denen der Leser. Statt der gewohnt actionreichen Handlung kehrt Stillstand ein, bevor sich dann nach der Hälfte des Buches das Geschehen wieder dramatisch ändert. Danach bleibt es wirklich spannend und ereignisreich und knüpft damit doch noch an die guten Vorgänger an.

 

Das Szenario um die Hindergründe der Stadt, das Fraktionssystem und die Unbestimmten, dass Roth entwirft, ist allerdings viel zu komplex und undurchsichtig beschrieben. Die erklärenden Passagen nehmen zu viel Raum ein und ziehen die zu diesem Zeitpunkt ohnehin ruhige Handlung noch künstlich in die Länge.

 

Nachdem Band 1 und 2 ausschließlich aus der Ich-Perspektive von Tris erzählt wurden, gibt es nun einen Wechsel zwischen Tris und Tobias. Nach über 700 Seiten in denen man intensiv mit Tris gelebt und gelitten hat, fällt der plötzliche Wechsel schwer. Am Anfang musste ich immer wieder zu den Kapitelbeginnen zurückblättern, um nachzusehen, wer eigentlich gerade berichtet. Natürlich bietet diese doppelte Erzählperspektive Einblicke in beide Personen und dementsprechend auch auf unterschiedliche Handlungsstränge, aber die Erzählweise beider ist so ähnlich, dass sie ohne den Namen in der Kapitelüberschrift nicht zu unterscheiden sind, was schade ist, da sie schon sehr unterschiedliche Charaktere sind und man gut jedem eine eigene Sprechart hätte zuweisen können.

 

Es gibt einige neue Charaktere und viele alte Bekannte. Es ist wieder eine vielseitige, konfliktgeladene Mischung ohne klares Gut und Böse – jeder Figur zeigt sehr verschiedene Facetten und so mancher ist bereit, sich zu ändern. Obwohl die Protagonisten insgesamt in der Trilogie eine sichtbare Entwicklung durchmachen, fiel es mir in diesem Band manchmal schwer, ihr Denken und Handeln nachzuvollziehen. Gerade der sonst so starke, strategische Tobias lässt sich sehr leicht aus dem Konzept bringen und handelt zeitweise impulsiv und unüberlegt, was man so von ihm bisher nicht kennt. Bei allem, was sie bisher schon erlebt und geleistet haben, vergisst man allerdings schnell, dass Tris und Four mit ihren 16 und 18 Jahren halt keine ausgebildeten Kämpfer, sondern pubertierende Teenager sind, die furchtbar viele Schicksalsschläge wegstecken müssen – wozu dann das manchmal trotzig-kindliche Verhalten doch wieder gut passt.

 

Das Ende, nun darüber lässt sich streiten. Ich habe es mir anders vorgestellt, keine Frage, und wurde daher sehr überrascht. Letztlich finde es ich für die Trilogie aber durchaus passend. Mancher mag nur kitschige Happy-Ends, der nächste verzichtet lieber zugunsten der Dramatik auf ein solches und andere lieben offene Enden, um sich die Geschichte selbst weiterzuspinnen. Man kann es halt nicht jedem recht machen...

 

Fazit:

Nach einem holprigen Einstieg und langatmigen, theoretischen Passagen, während denen ich das Buch gern einfach in die Ecke geschmissen hätte, weil es mich nach den tollen Vorgängern so nervte und enttäuschte, baut sich nach der Hälfte doch noch eine spannende Handlung auf, in der man wieder mitfiebern kann und die mich insgesamt mit diesem Trilogieabschluss versöhnlich stimmt, wobei ich bei der Bewertung vor allem die Story um die liebgewonnen Charaktere beurteile und das komplizierte theoretische Drumherum, welches nicht immer so leicht zu durchschauen war, außen vor lasse.