Rezension

Tolle Unterhaltung der Meisterklasse

Tante Poldi und die sizilianischen Löwen
von Mario Giordano

Tolle Unterhaltung der Meisterklasse. Spannende Figuren, wunderbare Geschichte, verdammt gut erzählt! Bitte noch mehr von Tante Poldi! Und möglichst bald :-)

Die Geschichte hat alles, was das Herz von Krimifans begehrt: einen rätselhaften Mord, vielschichtige Figuren, spannenden Prozess der Aufklärung, falsche Fährten und eine plausible wie unvorhersehbare Lösung. Dabei erfährt man schon einiges über Sizilien, z.B. zu ihrer Entstehung, zur Blüte und Niedergang ihrer Schwefelminen, die einschlägigen Anekdoten, u.a., wie der Gott Sizilien schuf, zum Adel und seiner Rolle, uvm. Nationalkolorit der beiden Länder, die Küche inklusive, kommt dabei nicht zu kurz.

Tante Poldi ist schon ein Schatz, in jeder Hinsicht. Eine rüstige Münchnerin, die zu ihrem 60-sten Geburtstag nach Sizilien auswandert, dort ein Haus kauft und ihre vielfältigen Erfahrungen, wie trivialen und weniger trivialen Ansichten  fast zu allen Bereichen des Lebens mit ihrem Neffen, dem Erzähler der Geschichte teilt, indem sie ihm über ihre Aufklärung des Mordes berichtet. Ein junger Mann, der ihr mit kleinen handwerksarbeiten im Haus zur Hand ging, verschwindet plötzlich, später findet Poldi seine verunstaltete Leiche am Strand. Poldi will wissen, warum er so jung sterben musste und entfaltet ihr kriminalistisches Talent zur vollen Blüte.

Der Erzähler steht seiner Tante in kaum etwas nach: Er liefert nicht nur eine erfrischende Ansicht des Geschehens, er nimmt auch seine erfolglose Beschäftigung mit dem Schreiben gekonnt auf die Schippe. Dabei weiß er genau, worauf es ankommt und stochert gezielt, wie herrlich humorig auf die wunden Stellen seines Unvermögens. Er schreibt seit Jahren am ersten Kapitel seiner Familiensaga, die über drei Generationen in zwei Ländern berichten und sein Ticket zum Erfolg werden soll. Tante Poldi hilft ihm hin und wieder mit den Tipps, wie er es besser anstellen soll, mit dem Schreiben, wie mit seinem Privatleben. Aber er nimmt es alles gelassen und wurschtelt sich weiter, im Leben wie im Schreiben.

Gerade weil Poldi so vielschichtig ist und sich eines Cocktails von Glaubenssätzen aus Christlichem und hinduistischem Glauben, den sie mal im Ashram aufgeschnappt hat, in ihrem Alltag bedient, wie ihrer Neigung zu Alkohol und ihrem Umgang damit, ist sie eine schillernde Figur, die in hoffentlich vielen weiteren Folgen die Leser mit ihren spaßigen wie weisen Sprüchen erfreuen wird. Auch ihre neue Freundin Valery, eine junge Französin auf dem Anwesen ihrer adeligen Vorfahren, die drei Schwestern ihres verstorbenen Mannes, den Mann von Teresa, wie den Krimikommissar, mit dem Poldi nun zarte Bande der Zuneigung verbinden, würde ich gerne „wiedersehen“.

Fazit: Tolle Unterhaltung der Meisterklasse. Spannende Figuren, wunderbare Geschichte, bei der man etwas über Sizilien und ihre Menschen lernt, verdammt gut erzählt. Bitte noch mehr von Tante Poldi und möglichst bald!