Rezension

Tolle Unterhaltung - für Leserinnen mit und auch ohne Schwester

Die Sache mit meiner Schwester - Anne Hertz

Die Sache mit meiner Schwester
von Anne Hertz

Bewertet mit 4 Sternen

Die Schwestern Nele und Heike bilden seit Jahren das erfolgreiche Autorenduo Sanne Gold. In Wahrheit aber schreiben sie schon lange nicht mehr gemeinsam, da sie nur streiten, wenn sie sich treffen. Stattdessen haben sie einen Ghostwriter organisiert. Durch Neles Affäre Niklas wird das Ganze jedoch aus Verstehen öffentlich. Die Fans sind entsetzt, Sanne Gold steht vor dem Aus. Doch dann passiert ein Unfall, und Heike fällt ins Koma. Nele muss sich damit auseinandersetzen, wie sie zu ihrer Schwester steht und wie es in Zukunft weitergehen soll, falls und sobald Heike wieder gesund ist.

Ich habe zu diesem Buch gegriffen, weil mich die Idee sehr angesprochen hat. In dieser Hinsicht wurde ich nicht enttäuscht. Gleich zu Beginn darf der Leser feststellen, dass es um die Beziehung zwischen Nele und Heike tatsächlich nicht zum Besten bestellt ist. In Tagebucheinträgen erfährt man aber auch, dass dies früher anders war. Was ist passiert, dass die innige Schwesternbeziehung sich so drastisch verändert hat? Die Ereignisse beginnen schnell, sich zu überstürzen – Sanne Gold wird entlarvt, der Unfall geschieht, Heike landet im Koma. So kommt Nele ins Grübeln über ihr eigenes Verhalten und wie sie zu ihrer Schwester aktuell steht und in Zukunft stehen möchte.

Der Charakter und die Unterschiedlichkeit der beiden Schwestern wurden gut herausgearbeitet. Die ganze Geschichte ist aus Neles Sicht geschrieben. Diese handelt oft wenig vorausschauend und impulsiv. Früher sah sie zu ihrer großen Schwester auf, ist inzwischen aber auf Distanz gegangen und hat sich auf bei ihren Neffen in den letzten Jahren nicht oft blicken lassen. Der Unfall trifft sie aber sehr, und sie beginnt ihre Einstellung zu verändern. Heike lernt man in stärkerem Maße indirekt kennen, durch Erzählungen und Tagebucheinträge. Sie ist sehr darum bemüht, nach außen hin perfekt zu wirken – doch auch sie hat ihre Schwächen, das wird bald klar.

Im Romanverlauf lernt Nele das Leben ihrer Schwester wieder genauer kennen. Sie verbringt viel Zeit mit ihren Neffen und Heikes Mann. Dabei muss sie auch einige Probleme lösen, die schon länger unter der Oberfläche brodeln. Wie sich das ganze entwickelt, war für mich allerdings Recht vorhersehbar. Außerdem nahmen mir die Szenen zwischen Nele und ihren Neffen ein wenig zu viel Platz ein, auf dem man die Schwesternbeziehung zum Beispiel mit weiteren Rückblicken noch näher hätte beschreiben können. Insgesamt ist das Buch aber sehr rund und behält trotz des Unfalls, der ein großes Thema ist, seine lockere Atmosphäre bei. Auch Neles Lebenskrise wird zwar nicht heruntergespielt, aber oftmals mit einem Augenzwinkern betrachtet.

„Die Sache mit meiner Schwester“ überzeugt mit einer interessanten Idee und einem rasanten Einstieg. Die Charaktere haben Tiefe und dem Leser werden Einblicke in die Beziehung der beiden Schwestern gewährt. Ein kleiner Kritikpunkt ist die Vorhersehbarkeit der Geschichte. Der Roman hat mir unterhaltsame Lesestunden beschert und ich empfehle ihn gerne weiter – unabhängig davon, ob man selbst eine Schwester hat oder nicht!