Rezension

Toller Alpenkrimi, unterhaltsam und spannend

Am Abgrund lässt man gern den Vortritt - Jörg Maurer

Am Abgrund lässt man gern den Vortritt
von Jörg Maurer

Bewertet mit 4 Sternen

»Ich flehe Sie an, Kommissar, tun Sie das nicht«, rief Ursel. »Wenn Sie offiziell ermitteln, dann liefern Sie Ignaz dem sicheren Tod aus.«

Ursel Grasegger, Bestattungsunternehmerin a.D., ist verzweifelt. Ihr Mann Ignaz wurde entführt und sie erhielt eine sehr eindeutige Drohung, ja nicht die Polizei einzuschalten. Da trifft es sich gut, dass Kommissar Hubertus Jennerwein eigentlich eine berufliche Auszeit nimmt, sich offiziell in Schweden erholt und daher inoffiziell und heimlich ermitteln kann. Obwohl ihm das Bauchschmerzen bereitet, denn die missliche Lage der Graseggers hängt damit zusammen, dass bei ihnen in Sachen Legalität nicht so wirklich alles in Ordnung ist…

 

Der 10. Fall für Jennerwein – und ich habe noch nie zuvor einen gelesen! Entsprechend neugierig ging ich an dieses Buch heran und wurde nicht enttäuscht. Die Reihe scheint eine ganz eigene Atmosphäre zu haben, gleichzeitig unterhaltsam und durchaus anspruchsvoll zu sein.

 

Die regionalen Besonderheiten kamen sehr gut raus, zum Beispiel bei den wirklich tollen Landschaftsbeschreibungen oder einer „typisch bayerischen“ Stammtischrunde. Der Stil sagte mir ebenfalls sehr zu, das Buch las sich leicht und erfreute mich immer wieder mit witziger Wortwahl und interessanten Einfällen.

 

Der Krimi war, wie gesagt, durchaus anspruchsvoll, einfach weil so viel passierte. Neben der Entführung von Ignaz gibt es weitere Verbrechen im beschaulichen Kurort. Da wird eine Leiche gefunden, in einem Krankenhaus scheint es verdächtige Todesfälle zu geben, ein Hehler ist aktiv und dann mischt auch noch die Mafia mit. Da fragt man sich natürlich beim Lesen, wie und ob diese Vorgänge zusammengehören. Ständige Wechsel zwischen den parallel verlaufenden Handlungen fordern Konzentration, zusätzlich kommt es immer mal wieder zu Abschweifungen, die ich aber recht amüsant fand.

 

Trotz bayerischer Gemütlichkeit und viel Witz gibt es auch Spannung und Blut. Letzteres nicht in Mengen, die einen Thrillerleser beeindrucken könnten, aber „cosy“ ist das auch nicht.

 

Charaktere gibt’s ebenfalls einige interessante, allerdings fehlten mir da als Neueinsteigerin im 10. Band Informationen, um die Personen mit ihren Besonderheiten richtig zu erfassen. Die Graseggers müssen auch bereits in früheren Bänden auftauchen, darauf wäre ich jetzt schon neugierig.

 

Was die reine Handlung angeht, hatte ich trotz fehlender Vorkenntnisse aber keine Verständnisprobleme. Und da mir dieser Fall wirklich gut gefallen hat, werde ich mir die Reihe jetzt mal von vorne an vornehmen.

 

Fazit: Toller Alpenkrimi, unterhaltsam und spannend. Ich bin gespannt auf die weiteren Bände der Reihe!

 

»Ursel, ich sagte es vorhin schon: … Wir brauchen Verstärkung. … Haben Sie jemanden, der vertrauenswürdig ist und der schnell herkommen kann? Und den ich nicht gleich verhaften müsste?«