Rezension

Toller Auftakt einer Krimireihe gelungen interpretiert von Sylvester Groth

Der nasse Fisch - Volker Kutscher

Der nasse Fisch
von Volker Kutscher

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt 

Wir erleben das Berlin der 20er Jahre: Wir werden in eine Zeit katapultiert, die noch gar nicht so lange her ist, aber doch ziemlich weit entfernt scheint. Tech-nische Erfindungen, wie das heutzutage nicht mehr wegzudenkende, Smart-phone oder das Internet scheinen in dieser Geschichte noch in weiter Ferne. 

Kommissar Rath ist neu in der Stadt und wird schnell in einen Mordfall ver-wickelt, der ihn aufgrund mehrerer Ereignisse interessiert. Doch eigentlich ge-hört dieser Mordfall gar nicht zu seinem Aufgabenbereich. 

 

Volker Kutscher erzählt Der nasse Fisch aus verschiedenen Perspektiven: Die meiste Zeit begleiten wir Kommissar Rath bei seinen teils verdeckten oder auch offenen Ermittlungen. Wir erleben, wie er langsam versucht, sich einen Überblick über das Berlin zu verschaffen, das auf den ersten Blick noch nicht zu erkennen ist. Er nutzt Kontakte, gewinnt Freunde, macht sich aber auch Feinde. 

 

Was mir an diesem Reihenauftakt besonders gut gefallen hat, war die Verstric-kung der Handlungsstränge. Volker Kutscher zeigt auf der einen Seite wahre politische Begebenheiten, lässt bekannte Politiker auftauchen, oder legt Fährten, um den ein oder anderen Politiker in den nächsten Bänden vielleicht auftauchen zu lassen.

Auf der anderen Seite hat er die fiktive Figur des Kommissar Raths, der in einem fiktiven Fall ermitteln muss. Während man bei vielen Krimis alle Details des Er-mittlers kennt und weiß, wann er eine Falle plant, bleiben wir bei Kommissar Rath im Dunkeln. Wir können uns also völlig von der Handlung überraschen lassen. 

 

Kommissar Gereon Rath steht im Mittelpunkt dieser Krimireihe. Er machte auf mich einen recht einsamen und verschlossenen Eindruck. Wir erfahren, dass er von Köln nach Berlin gezogen ist, wissen aber nicht, welches Ereignis dafür sorgte, dass er seine Heimat verlassen hat. Zudem erfahren wir, dass er bereits viele Aspekte der Polizei kennenlernen durfte, was ebenfalls viel Stoff für wei-tere Bände bieten könnte. 

Und wie das bei guten Krimis eben so ist, braucht es auch eine weibliche Prota-gonistin nämlich Charlie. In diesem Band wirkt sie eher wie eine Nebenfigur. Allerdings ist es gut möglich, dass sie in den Folgebänden eine wichtige Bezugsperson für Rath werden könnte. 

 

Gestaltung 

Das Hörbuch stammt aus dem Argon Verlag und wurde als ungekürztes MP3 Hörbuch produziert. Inzwischen gibt es zwei Versionen von Der nasse Fisch. In meiner Ausgabe wurde die Geschichte von Sylvester Groth gelesen. Allerdings gibt es auch eine MP3 Ausgabe mit David Nathan, der die weiteren Fälle von Kommissar Rath liest, als MP3 Download zum Kauf. 

Sylvester Groth hat maßgeblich dazu beigetragen, dass mir der Reihenauftakt gut gefallen hat. Seine Stimmfarbe ist sehr angenehm und passt gut zur Ge-schichte. Der Sprecher hat eine etwas dunkle und harte Stimme mit der er Ger-eon Rath authentisch interpretieren konnte. Besonders gelungen fand ich Groths Interpretation der verschiedenen Dialoge, wie beispielsweise, wenn Gereon Rath auf gebürtige Berliner traf und der Berliner Dialekt an dieser Stelle natürlich nicht fehlen durfte oder wir Rath in hitzigen Diskussionen mit Kollegen erleben.

Wären die weiteren Bände nicht bereits von David Nathan eingelesen worden, hätte ich gehofft, dass Sylvester Groth dieser Reihe als Sprecher treu geblieben wäre. Also hoffe ich an dieser Stelle einfach, dem Sprecher bald wieder in einer Geschichte über den Weg zu laufen. 

 

Schreibstil 

Volker Kutscher hat es mir mit seinem Schreibstil sehr leicht gemacht, in die Ge-schichte hineinzufinden. Er schildert nicht nur die historischen Aspekte, die Ger-eon Rath bei den Ermittlungen nur bedingt betreffen, sondern lässt uns auch an den Machtstrukturen der Polizei teilhaben. Während andere Autoren solche Erei-gnisse mit großen Beschreibungen ausschmücken würden, erzählt Kutscher die Geschichte hier fein. Man muss genau hinhören, um Zusammenhänge verstehen zu können. Dennoch lässt der Autor zum Schluss beinahe keine offenen Fragen zurück. 

 

Gesamteindruck 

Ich war sehr gespannt, was es mit Der nasse Fisch auf sich hatte. Würde ich in einer klassischen Krimigeschichte landen? Glücklicherweise stellte ich sehr schnell fest, dass Volker Kutscher hier zwei Genres miteinander vermischt: Auf der einen Seite widmet er sich dem historischen Roman und vermischt Fiktion mit Realität. Auf der anderen Seite wird ein Kriminalfall in die Geschichte ein-geflochten, der auch noch zu den historischen Gegebenheiten passen muss. Und ich bin wirklich beeindruckt, dass die Handlung so wunderbar funktioniert hat. 

 

An dieser Stelle möchte ich noch einen kleinen Hinweis für angehende Hörer ge-ben: Kutscher führt in Der nasse Fisch sehr viele Namen ein, sowohl bei Raths Kollegen als auch bei den Beteiligten rund um den Kriminalfall. Damit man hier nicht den Überblick verliert, rate ich dazu, das Hörbuch zeitnah zu hören, es also nicht mehrere Tage zu pausieren, da sonst der Einstieg in die Geschichte etwas schwer fallen könnte. 

 

An dieser Stelle kann ich das Hörbuch allen empfehlen, die sich nicht nach ein-em klassischen Krimi sehnen, sondern etwas Neues ausprobieren wollen.