Rezension

Toller Auftakt einer vielversprechenden Serie

Schwarzer Dolch - Alexey Pehov

Schwarzer Dolch
von Alexey Pehov

Ludwig van Normayenn ist Seelenfänger - eine Art magischer Kammerjäger, der durch die Lande zieht und die Menschen von ruhelosen Seelen befreit, die ihren Weg ins Jenseits noch nicht gefunden haben. Immer wieder kreuzen sich seine Weg mit den Inquisitoren der Kirche, mit geheimnisvollen Bruderschaften und magisch agierenden Bösewichten. Begleitet wird er auf seinen Weg von Apostel, einer ruhelosen Seele, die sich ihm angeschlossen hat, und von dem Animatus Scheuch, der in Gestalt einer lebenden Vogelscheuche auftritt.

Ich hatte zuvor noch nichts von Alexey Pehov gelesen und insofern war die Lektüre für mich eine sehr positive Überraschung. Mir hat der Roman wirklich sehr gut gefallen, obwohl ich anfangs doch eher skeptisch war. Ich hatte mit viel Okkultismus und einer eher klassischen Rollenverteilung zwischen Kirche und Magiebegabten erwartet. Der Autor hat mich aber mit einem erfrischenden Mix aus allem überrascht und begeistert. 

Ludwig zieht durch die Fürstentümer, die einem mittelalterlichen Europa nachempfunden sind, und hilft den Menschen bei ihren Problemen mit ruhelosen Seelen. Jedes Kapitel hat ein eigenes Setting und einen eigenen Fall, so dass der Roman sehr episodenhaft wirkt. Dennoch gibt es handlungsübergreifende Elemente und Personen, die als Eckpfeiler für eine dezent gehaltene Rahmenhandlung dienen.

Erzählt wird aus der Ich-Perspektive Ludwigs; er schildert seine Erlebnisse in einer trockenen, ansatzweise humorvollen Erzählweise, die mir das Lesen zum Vergnügen machten. Seine Begleiter haben mir sehr gut gefalllen; der ewig pesimistische Apostel, der als ruhelose Seele nur für Ludwig und andere Seelenfänger sichtbar ist, und der Ludwig ständig ins Gewissen redet - das hat echten Unterhaltungswert. Auch der Animatus (= belebte Gegenstand) Scheuch hat mir richtig Spaß gemacht; er redet zwar nichts, hat aber zur rechten Zeit seine scharfe Sichel zur Hand und hilft Ludwig damit aus mancher brenzligen Situation.

Die Aufträge Ludwigs kommen meist aus dem Bürgermeisteramt und betreffen die verschiedensten okkulten Geschöpfe; hier hat der Autor einen ausgeprägten Ideenreichtum bewiesen, denn er hat sich jede Menge neue Arten von Wesen ausgedacht, die mir so noch nicht untergekommen sind und die Ludwig mit einen ausgeklügelten magischen Konzept zu bekämpfen hat. Im wesentlichen geht es dabei um magische Figuren, die gewirkt werden; aber auch Ludwigs schwarzer Dolch aus Obsidian kommt des öftern zum Einsatz und verhilft den Ruhelosen zum Verlassen dieser Welt. Schön fand ich, dass Ludwig nicht wahllos alle ruhelosen Seelen vernichtet, sondern lediglich die, die Schwierigkeiten machen - das macht ihn für mich sympathisch.

Neben Ludwig und seinen beiden ständigen Gefährten beleben weitere Figuren die Handlung, die ich in ihrer Vielfalt ebenfalls sehr gelungen fand. Hervorzuheben ist Gertrude, die raffinierte Hexe und Zauberin, mit der Ludwig ein schon jahrelang dauerndes Techtelmechtel hat. Daneben sind weitere Seelenfänger mit im Spiel, mit denen Ludwig zusammenarbeitet. Aber auch Kirchenvertreter kreuzen Ludwigs Weg und geben interessante Protagonisten ab, bei denen man nicht genau weiß, ob Ludwig ihnen vertrauen darf oder nicht. Spannend finde ich, dass auch die Kirchenvertreter und Inquisitoren eine eigene Art von Magie innehaben, die sie im Kampf gegen das Böse einsetzen. Dass bei diesen vielen Interessensgruppen auch jede Menge Politik und Intrigen im Spiel sind, versteht sich von selbst und ist immer wieder Thema.

Am Ende hat mich der Autor dann mit einem wirklich gemeinen Cliffhanger erwischt. Nachdem jedes Kapitel eine in sich abgeschlossene Episode enthält, habe ich mit einem solch offenen Ende nicht gerechnet. Da bleibt nur eines übrig, nämlich auf die Fortsetzung zu wartend, die in jedem Fall ihren Weg auf meinen Reader finden wird. Ich empfehle den Roman gerne weiter, an alle Fantasy-Fans mit Spaß an Magie und Okkultismus.