Rezension

Toller französischer Import

Never Too Close - Morgane Moncomble

Never Too Close
von Morgane Moncomble

Bewertet mit 4 Sternen

Es ist schon etwas komisch, wenn man darüber nachdenkt, dass das noch relativ junge Genre New Adult auf dem deutschen Buchmarkt fest in den Händen von US-amerikanischen und deutschen Autorinnen ist. Das männliche Geschlecht und andere Länder tun sich da doch sehr schwer. Woran das liegt? Da habe ich keine wirkliche Vermutung. Nun ist mit Morgane Moncomble aber erstmals eine französische Autorin mit „Never Too Close“ vertreten und ich habe mich wahnsinnig auf diesen Roman gefragt. Zum einen weil ich gerne jungen, neuen Autoren mein Gehör schenke, zum anderen ist Paris mal ein völlig neues Setting und auch die Mentalität zwischen Deutschen und Franzosen ist so unterschiedlich, obwohl es sich ja um Nachbarländer handelt.

Ich habe mich unheimlich schnell und intensiv in diese Lektüre vertieft, da von Anfang eine Verbindung da war. Das liegt natürlich vor allem an der Hauptfigur Violette, deren Perspektive den Einstieg dominiert. Man merkt gleich, dass man es bei ihr mit eine frechen, vorlauten, ehrlichen und einfach herzenslieben Person zu tun hat, die sicherlich auch ihre Fehler hat, die aber von Anfang mit ihrem Charme alles in den Bann zieht. Wäre es über sie nicht schon so einfach gewesen, dann wäre es definitiv mit Loan der Fall gewesen, der noch einmal eine ganze Schippe sympathischer ist. Bei ihm wird gar kein Bad Boy-Image aufgenommen, er ist einfach ein klasse Typ, der auch nicht hintenrum als Nerd um die Ecke kommt. Wenn mich die Figuren jeweils einzeln schon überzeugen, dann ist es für die Paarung dann selbst meistens nur ein Kinderspiel.

In der Frage, ob Mann und Frau platonische Freunde sein können, gibt es zwei Lager. Entweder man ist felsenfest davon überzeugt, oder man ist es eben nicht. Ich gehöre zur ersten Fraktion, weswegen ich es immer etwas schade finde, wenn in diesem Genre dann so stereotyp aus besten Freunden doch noch ein Paar wird. Denn eigentlich belegen sie ja dann, dass es nicht möglich ist, was wiederum nicht meiner Meinung entspricht. Ich bin da aber nicht so festharrend in meiner Meinung, dass ich mich nicht noch frei auf die Geschichte einlassen kann und das hat sich in diesem Fall gelohnt. Wie vermutet, da mich die Figuren schon einzeln überzeugen konnten, hatten sie es als Paar spielerisch leicht. Zunächst ihre höchst vertrauten Interaktionen, die sich nach und nach sexuell aufladen, bis es dann schließlich zur Explosion kommt, woraufhin dann ganz neue Emotionen warten. All das habe ich miterlebt und das auch überzeugend.

Dennoch habe ich an kleineren Stellen etwas zu meckern, denn die perfekte Geschichte ist es dann eben doch nicht. Emotional war ich wie gesagt mittendrin, aber auf technischer Seite gab es ein paar holprige Stellen. Sowohl Violette als auch Loan haben eine dramatische Vergangenheit, die ich im Grunde auch gut eingewoben empfand, zumal es die Handlungsweisen der Figuren nachvollziehbar gemacht hat. Leider sind diese Geschichten doch zu sehr an der Oberfläche geblieben. So hat Violette mit Panikattacken zu kämpfen. Was diese genau ausgelöst haben und wie sich diese früher dargestellt haben, wurde aber außen vorgelassen. Auch bei Loans Mutter wurde nur an der Oberfläche gekratzt, was ich doch etwas schade fand. Wenn man sich solch ernsten Themen annimmt, dann muss man auch bereit sein, in die Tiefe zu gehen. Kritisch sehe ich definitiv auch die Art und Weise, wie die beiden sich letztlich von ihrer Freundschaft lösen. Dass Freunde sich vielleicht gegenseitig in sexuelle Erfahrungen einweisen, ja, gibt es und das zuhauf, aber dass man sich gegenseitig trainiert, wenn man in einer Beziehung ist, nee, das ist mir etwas säuerlich aufgestoßen, weil die Handlung das nicht nötig hatte.

Fazit: Moncomble hat mich vom Fleck weg mit ihrem ersten Roman „Never Too Close“ überzeugen können, denn gerade die gut ausgearbeiteten Figuren und die erzeugten Emotionen funktionieren hervorragend. Schade ist nur, dass die Handlung bei den ernsten Themen an der Oberfläche kratzt, aber das finde ich gerade bei einem Debut absolut verzeihbar. An der Französin bleibe ich auf jeden Fall dran!