Rezension

Toller Schmöker - eine aufregende Reise ins unruhige Italien der Renaissance

Raffael - Das Lächeln der Madonna - Noah Martin

Raffael - Das Lächeln der Madonna
von Noah Martin

In Urbino, Italien, wird der Junge Raffael Sanzio 1494 mit elf Jahren zur Waise. Schon bald übernimmt der außergewöhnlich talentierte junge Maler die Werkstatt seines verstorbenen Vaters als Meister. Doch es sind unruhige, unsichere und kriegerische Zeiten und Raffael muss seine Heimatstadt schließlich verlassen. Sein Weg führt ihn zunächst nach Siena, wo er sich in die Bäckerstochter Margherita Luti verliebt, die allerdings einem anderen versprochen ist. Währenddessen erlangt Raffael einen immer größeren Bekanntheitsgrad, seine Arbeit wird zunehmend gefragter. Bald schon reißen sich die Reichen und Mächtigen darum, von ihm porträtiert zu werden. So führt ihn sein Weg schließlich in die Schlangengrube Rom, u.a. an den Hof des Papstes...

Noah Martin schreibt flüssig, gut verständlich und abwechslungsreich. Der Schreibstil ist nicht modern, sondern der Zeit der Renaissance angepasst, immer wieder werden auch italienische Begriffe verwendet. Der Autor schafft durch seine Sprache eine lebendige „echte“ Atmosphäre, beim Lesen fühlte ich mich fast so, als befände ich mich selbst im Italien des 16. Jahrhunderts.

Die Charaktere sind zum größten Teil historische Personen, die wirklich real existierten. Manche geschichtlichen Details hat der Autor allerdings um des Plot Willens etwas abgeändert. Hauptfigur Raffael, ein begnadeter Künstler wird authentisch und glaubwürdig dargestellt. Eine beeindruckende leidenschaftliche getriebene Persönlichkeit, die aufgrund der politischen Situation rast- und ruhelos wirkt. Der Künstler Raffael ist überall in Italien und doch nirgends so richtig zu Hause. Mit ihm habe ich gefühlt und gelitten. Eine weitere wichtige Figur des Romans ist Daniele, ein junger Geistlicher. Er erscheint bescheiden und sympathisch, steht wie zufällig immer mitten im politischen Geschehen. Über ihn erfährt der Leser einiges darüber, was sich im Land ereignet,  welcher Papst gerade regiert oder wer im Hintergrund die Fäden in der Hand hält. Interessant, dass auch berühmte Persönlichkeiten wie Universalgenie Leonardo Da Vinci oder der ehrgeizige Schöpfer des „schönen Davids“ Michelangelo auftauchen und Raffael persönlich kennenlernen. Auch die machthungrigen blutrünstigen Familienmitglieder der Borgia  und ihre ständigen Konkurrenten, die Medici, haben wichtige Auftritte. Durch die zahlreichen vielfältigen Persönlichkeiten wird der Roman nie langweilig, allerdings habe ich mitunter doch etwas den Überblick verloren und musste immer wieder im Personenregister vorne nachschlagen.

Die Zeiten sind unbeständig und unsicher, die Herrschenden intrigieren munter und provozieren Kriege, um ihre Macht zu erhalten und zu erweitern. Besonders die Vertreter der Kirche verhalten sich alles andere als christlich. Morde stehen auf der Tagesordnung und keiner weiß, wem zu trauen ist. Vor diesem geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund ist Raffaels Entwicklung nicht nur informativ, sondern auch wahnsinnig packend. Vor allem die fiktive Figur Daniele sorgt zusätzlich für allerlei abwechslungsreiche, mitreißende Handlungsstränge.

Ein lesenswerter, glaubwürdiger und spannender historischer Roman. Die damalige Zeit, die  herrschende Atmosphäre im Italien der Renaissance, wird sehr authentisch und lebendig vermittelt. Neben der Schilderung historischer Ereignisse und der gesellschaftlichen Situation, erhält man noch einen faszinierenden Einblick in die Arbeitsweise des Künstlers Raffael und erfährt bspw. welche Techniken oder Farben er verwendete, wie er die päpstlichen Gemächer die  Stanzen gestaltete und mit welchen immensen körperlichen Anstrengungen Künstler damals zu kämpfen hatten. 

Toller, absolut lohnender Schmöker - eine spannende Reise ins aufregende, unruhige Italien der Renaissance.