Rezension

Tolles Buch

Am Tag und in der Nacht - Camilla Macpherson

Am Tag und in der Nacht
von Camilla Macpherson

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
Daisy lebt im London der 40er Jahre, jeden Tag geht sie in die National Gallery um sich das Bild des Monats anzusehen. Anschließend berichtet sie ihrer nach Kanada ausgewanderten Cousine und Freundin Elizabeth darüber. Doch wem die Briefe später noch viel mehr bedeuten ist Claire. Sie ist die Frau von Elizabeths Enkel und gelangt über die Erbschaft an die Briefe, welche ihr Kraft und Mut geben, ihr Leben wieder neu zu beginnen.
Meinung
Ein wirkliches tolles Buch über das Leben in einer Partnerschaft und das Umgehen mit einem schwerwiegenden Schicksalsschlag. Sehr einfühlsam hat die Autorin über die damit einhergehenden Probleme von Claires Fehlgeburt gesprochen und dargestellt, wie sich Clarie fühlt. Für ihren Mann ist ihr Verhalten nur sehr schwer zu tolerieren, aber irgendwie schaffen es beide, weiterhin miteinander zu leben, obwohl beide irgendwann merken müssen, dass es eher ein Nebeneinander als Miteinander ist.
Als Claire die Briefe anfängt zu lesen, schöpft sie aus ihnen eine neue Kraft und hat in dem Projekt, jeden Monat einen Brief zu lesen und sich dann das zugehörige Bild anzusehen eine neue Aufgabe, die sie beschäftigt.
Die Briefe von Daisy sind wirklich sehr interessant, sie schreibt über ihr Leben während des Krieges, wie schwer viele Dinge sind, aber der Leser merkt, dass Daisy ihr Leben so annimmt, wie es ist und versucht, das beste daraus zu machen. Was nicht heißt, dass sie sich nicht ein Ende des Krieges herbeigesehnt hat.
Ein kleiner Minuspunkt in dieser Geschichte ergibt sich daraus, wie Claire die Briefe immer mehr als sehrsehr wichtig erachtet und sich an die Daisy, die darin kennenlernte, klammerte. In manchen Situationen war Claires Verhalten nachvollziehbar, doch in anderen fand ich die Glorifizierung von Daisy zu extrem.
Ansonsten stürzt Camilla Macpherson den Leser in ein moralisches Dilemma. Ohne viel verraten zu wollen: Claire handelt falsch und unmoralisch, doch der Leser kennt ihre Hintergründe und symphatisiert mit ihr als Protagonistin, sodass wir ihre Fehltritte miterleben und sie höchstwahrscheinlich trotzdem mögen. Doch ich habe oft gedacht: Oh nein, Claire, was tust du da bloß. -Und das ist nun keine Kritik! Die Autorin hat es geschafft, mich in dieses Dilemma um richtig und falsch mitzuziehen und ich habe überlegt, ob Claires Argumente für ihr unmoralisches Handeln reichen. Doch ich muss sagen, in meinen Augen hat sie falsch gehandelt, aber jedem gebe ich eine zweite Chance. Was ich so grandios an der Geschichte finde: Sie ist sehr authentisch!
Die Nebenaspekte, bzw. -themen wie den Krieg, die Kunst in der National Gallery und allgemein London fand ich wunderbar interessant. 
Fazit
Ein wirklich tolles Buch über ein Ehepaar, dass von einem Schicksalsschlag auseinander getrieben wurde und nicht mehr weiß, wie sie zusammenfinden sollen.
Ein gewisses Grundinteresse an Kunst ist zwar nicht wichtig, aber von Vorteil, da es sie der Leitfaden der Geschichte ist.
Wer Lebens- und Liebesgeschichten ohne allzugroßen Kitsch und mit genügend Ernst mag, hat hiermit ein geeignetes Buch gefunden!