Rezension

Tolles Jugendbuch

Küss den Wolf - Gabriella Engelmann

Küss den Wolf
von Gabriella Engelmann

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nach Dornröschen, Schneewittchen und Cinderella widmet sich Gabriella Engelmann erneut einem Märchen, dass vollkommen anders als das Original erscheint. “Küss den Wolf” ist die Modernisierung von Rotkäppchen und überzeugt mit Charme, Witz und zum Teil sehr liebenswerten Charakteren. Wie auch alle anderen Märchen zuvor, spielt die Geschichte in Hamburg, diesmal jedoch nicht ganz so chronologisch, da die Geschichte vor “Weiß wie Schnee, Rot wie Blut, Grün vor Neid” spielt. Dies ist jedoch nicht weiter schlimm, da man noch einmal einen Blick in die Zwergen WG erhält. Sehr schön, dass man mal wieder etwas über JamieTim erfährt. Meinetwegen darf er gerne seine ganz eigene Geschichte erhalten.

“Küss den Wolf” ist trotz der gleichen Stadt und wiederholenden Charaktere aus den anderen Büchern ganz anders, als die bisherigen Märchen. Die Stimmung wirkt düsterer, die Handlung ist spannender und mit den Feen des Waldes kommen wunderbar passende Fantasyelemente hinzu, die mich begeistert haben. Die Geschichte wird aus der Sicht von Pippa erzählt und enthält weitere kleine Kapitel, die aus der Sicht des Täters geschrieben sind. Obwohl sich Gabriella Engelmann mit den Charakteren große Mühe gab, hatte ich doch zunächst meine Probleme mit einigen Protagonisten.

Pippa bildet mit drei ihrer Freundinnen eine kleine Gemeinschaft, die sich Maki Girls nennt. Normalerweise soll so etwas immer eine Freundschaft stärken, ich hatte allerdings immer mehr das Gefühl, dass es sich hierbei nur um eine Zweckfreundschaft handelt. Zwar treffen sich die Mädchen regelmäßig und teilen auch ein paar Geheimnisse, aber dennoch kam es für mich nicht oft rüber, dass diese Freundschaft untereinander nur von Dauer ist.
Pippa selbst ist dagegen ein tolles Mädchen, dass zwar hier und da noch in ihrer kleiner Phantasiewelt lebt, aber dennoch mitten im Leben steht. Sie liebt ihre Mutter, ihre Großmutter und deren Häuschen am Waldrand und ihren absoluten Liebling Russel Crowe. Ihre große Leidenschaft sind Kinofilme und ihr Blog, auf dem sie viele Rezensionen schreibt. Etwas befremdlich empfand ich jedoch, wie hier mit den Eltern und der Großmutter umgegangen wird. Zwar versteht sie sich mit jedem und bringt ihnen viel Respekt entgegen, aber jeden nur mit dem Vornamen anzusprechen, war gewöhnungsbedürftig.
Mit Leo und Marc kommen zwei Männer ins Spiel, die mehr oder weniger freiwillig einen Platz in Pippas Leben finden. Während Leo sehr zuvorkommend, charmant und geheimnisvoll erscheint, kommt Marc stellenweise selbstgefällig und aufdringlich vor. Dennoch konnten sie mich durchweg unterhalten und für so manche Überraschung sorgen.
Mein absoluter Liebling ist jedoch Holla, eine kleine Fee, die mit ihren Artgenossen im Wald von Pippas Oma lebt. Sie schließt Pippa schnell ins Herz und möchte sich mit ihr anfreunden und taucht in den unmöglichsten Situationen auf.

Die Geschichte liest sich flüssig, die Dialoge sind stellenweise zum Schreien komisch und ich habe mich bei der Geschichte sehr unterhalten gefühlt. Gabriella Engelmann hat das große Talent, jedes Buch zu einem absoluten Highlight zu machen, das man nur schwer aus den Händen nehmen kann. Wie bei jedem ihrer Märchenbücher gibt es auch hier ein Personenregister, das dem Leser die Charaktere näher bringt. Allesamt sind auf den ersten Blick sehr sympathisch, machen aber wie oben bereits gesagt, nicht immer die Entwicklung, die man sich im Vorfeld gewünscht hat.
Sämtliche Katastrophen, die während der Geschichte den Charakteren widerfahren, werden authentisch dargestellt und ich hatte nicht den Eindruck, dass irgendetwas davon zu überspitzt erzählt wurde. Im Gegenteil, man kommt ins Grübeln und hofft, dass man einem selbst sowas niemals passieren wird.

Die Covergestaltung ist wunderschön. Durch den Wald und den roten Stiefeln erkennt man sofort, um welches Märchen es sich handelt. Was mir hier jedoch ein bisschen negativ aufgefallen ist, ist die Beinhaltung, die ein wenig unnatürlich wirkt. Allerdings ändert dies nichts daran, dass das Cover sehr ansehnlich ist.

Auch mit diesem Märchen konnte mich Gabriella Engelmann wieder überzeugen. Wer Märchen mag und auch keine Modernisierung scheut, wird mit diesem Buch großen Spaß haben. Empfehlenswert!