Rezension

tolles Setting, aber die Geschichte ist nicht ganz rund

Der Tote in der Kapelle - Elizabeth Edmondson

Der Tote in der Kapelle
von Elizabeth Edmondson

Selchester Castle im ländlichen Selchester hat mir als Setting extrem gut gefallen. So ein Schloss birgt eine wunderbar romantische Krimi-Grundlage, dass ich mich eigentlich gar nicht daran satt lesen kann. Ebenso ging es mir mit Selchester um 1953: der Krieg ist überstanden, überall gibt es kleine Läden, die Kinder fahren noch mit dem Fahrrad zur Schule und man kann ebenso gut mit dem Pferd in die Stadt reiten, wie mit mit einem Auto fahren. Alles scheint gemütlich und klein und so erinnerte mich dieser Krimi vom Setting her an eine Miss Marple Geschichte, vorzugsweise die Schattenhand, mein persönlicher Liebling von Agatha Christie. Alles in allem eine tolle Grundlage, weswegen ich dem Buch nach den ersten 200 Seiten auf jeden Fall 5 Sterne gegeben hätte.

Warum sich das geändert hat? Das liegt ein wenig an den Charakteren und der Auflösung des Falles. Zunächst geht es um den ehemaligen Geheimagenten Hugo Hawksworth und seine neunmalkluge Schwester Georgia. Hugo soll in einem abgelegenen Stützpunkt in Selchster, der nur scheinbar geheim ist, Akten nach Ungereimtheiten durchsuchen. Ziel ist es, russische Spione zu finden. Dabei kommen sie in dem fast unbewohnten Selchester Castle unter. Der Hausherr und Earl ist sieben Jahre zuvor verschwunden und kaum kommen die beiden dort an, wird seine Leiche entdeckt. Da u.a. seine Nichte Freya beschuldigt wird, eine liebenswerte, aber auch geheimnisvolle junge Frau, kümmern sie sich gemeinsam um die Aufklärung des Mordes. Seine Spionage-Geschichte ist natürlich sinnvoll, da er ja einen klugen und mutigen Mann darstellen soll, der dann in diesem und den nächsten Bänden die Kriminalfälle löst. Allerdings hat es mich irgendwann leicht genervt, dass die Leute immer und immer wieder darauf hingewiesen haben, dass sein Arbeitsort ja gar nicht so geheim ist. Was das anging, waren mir das zu viele Wiederholungen. Zudem lag mir der Fokus allgemein ein wenig zu viel auf der Spionage, ohne, dass es ein Spionage-Krimi oder Thriller war. Also wurden ständig Andeutungen gemacht, aber wiederum nichts richtiges. Was den Spionage-Aspekt anging, hatte ich ein wenig das Gefühl, als wäre das alles keine gut gelungene, runde Sache und hat eher von der Handlung abgelenkt.

Dazu kommt, dass es immer mal Perspektiven von Nebencharakteren gab, die aber nur so wenig Platz fanden, dass man sich die Kapitel eigentlich hätte schenken können. Meiner Meinung nach haben die Sichtweisen und Eindrücke, die ich als Leser dadurch gewonnen habe, kaum zur Handlung oder Auflösung beigetragen. Eigentlich führt man ja eine andere Perspektive ein, damit weitere Erkenntnisse deutlich werden, aber das war hier nicht der Fall. Einzig Hugo und Freya haben neue Puzzlestücke in Erfahrung gebracht.

Alles in allem also ein tolles Setting, aber die Umsetzung fand ich nicht ganz so gut gelungen. Es gab mir zu viele Ecken und Kanten und am Ende wurde zwar der Fall um den Tod von Lord Selchester gelöst, aber noch viele Fragen blieben offen. Einige hat sich die Autorin sicherlich für weitere Bände aufgehoben, aber es waren mir einfach zu viele Andeutungen, die dann ins Leere liefen. Wahrscheinlich lese ich noch den zweiten Band, der im Frühjahr 2019 erscheint und hoffe, dass ein paar der offenen Enden geklärt werden.

Daher vergebe ich auf den Roman insgesamt 3,5 von 5 Sternen.