Rezension

Toni zieht Bilanz

Die Mauersegler -

Die Mauersegler
von Fernando Aramburu

Bewertet mit 4 Sternen

Der Philosophielehrer Toni lebt nach einer Trennung mit seinem Hund Pepa allein. Er ist einsam und unglücklich und beschließt, in genau 365 Tagen seinem Leben ein Ende zu setzen.

Fernando Aramburu lässt Tonis Leben in diesen in einzelne Kapitel gefassten 365 Tage Revue passieren. In den ersten Monaten berichtet Toni einzelne, zunächst unzusammenhängende Episoden, vor allem aus Kindheit und Jugend. Erst später werden Geschichten über mehrere Tage erzählt. Zu Beginn habe ich mich sehr schwer mit diesem Buch getan. Vielleicht lag es daran, dass ich diesen Entschluss nur schwer nachvollziehen kann. Vielleicht auch am Inhalt: Es gibt viel, sehr viel Hass und noch mehr Sex. Mir persönlich war es von letzterem zu viel, was möglicherweise aber auch daran liegen mag, dass dieser Sex zumeist nicht liebevoll war, sondern der Triebbefriedigung diente. Und :Tonis Frauenbild ist unerträglich.

 

Durch Tonis Einträge werden auch die anderen Protagonisten vorgestellt und lebendig, allerdings nur aus seiner Sicht. Neben den Mitgliedern der Familie sind dies sein Freund und Águeda, seine erste Freundin, die sich mehr oder weniger zufällig wieder treffen. Mit diesem Wiedersehen verändert sich auch Toni. Zunächst nahezu unmerklich, dann mehr und mehr wird sein Interesse am Leben wieder geweckt. Dennoch verschenkt er weiter Gegenstände aus dem Haushalt, eine Idee, die mir sehr gefallen hat.

Der Schreibstil ist gut lesbar, allerdings durch viele einzelne Begebenheiten nicht immer flüssig. Die zugrunde liegende Idee und die Umsetzung durch die tagebuchartigen Einträge haben mir gefallen. Allerdings fand ich diesen Roman nicht lustig, die Protagonisten haben alle auch größere Probleme. So gefiel mir z.B. der Spitzname für Tonis Freund nicht, vor allem nicht, weil die Geschichte dazu furchtbar ist.

Das Cover spiegelt den Inhalt des Romans sehr gut wieder. Ein einsamer Spaziergänger mit Hund, der nach einem Regenguss durch eine Häuserschlucht geht, mit den sich in der Pfütze spiegelnden titelgebenden Mauerseglern. Ein Zitat auf der Rückseite erklärt den Grund, denn Toni wünscht sich, „nie am Boden zu sein, nie einen anderen berühren“. Im Gegensatz dazu steht, dass Mauersegler gesellige Vögel sind – oder ist es gar kein Gegensatz?

Mit der Bewertung tue ich mich schwer: einerseits kann ich die Begeisterung der Medien nicht teilen, andererseits gefallen mir Idee, Umsetzung und auch das Gesamtbild Spaniens in Tonis Lebenszeit. Der letzte Satz ist einer, der in Erinnerung bleibt.

Fazit: ein besonderer, nicht leicht lesbarer Roman