Rezension

Tragikomische Geschichte eines todkranken Jugendlichen

Fänger, gefangen - Sarah Collins Honenberger

Fänger, gefangen
von Sarah Collins Honenberger

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der 15-jährige Daniel, als mittlerer von drei Brüdern ein "Sandwichkind", ist an Leukämie erkrankt. Seine Chancen die Krankheit zu überleben könnten gut sein, hätte er nicht eine radikalökologisch denkende Mutter, die eine Chemotherapie entschieden ablehnt. Ohne Chemotherapie wird Daniel nicht länger als ein Jahr zu leben haben. Zu Beginn der Handlung ist die Familie mit zwei Söhnen auf ein Hausboot gezogen, der ältere Sohn studiert schon. Die unkonventionelle Lebensweise wird damit erklärt, dass Daniel wegen seines geschwächten Immunsystems unbedingt vor dem Kontakt mit anderen Menschen geschützt werden soll. Ein weiterer Grund könnte sein, dass die Familie Landon nicht krankenversichert ist und sich mit Daniels bisheriger Behandlung finanziell übernommen hat. Am Ende der in einem Dorf in Virgina sterbenslangweiligen Sommerferien wird Daniel klar, dass die Ansteckungsphobie seiner Mutter das Ende seiner Sozialkontakte sein wird, wenn sie sich damit durchsetzt, Daniel am Beginn der 10. Klasse von der Schule abzumelden. Bewusst wird ihm seine Situation, als ins Nachbarhaus seines besten Freundes Mack ungeheuer hübsche Zwillingsschwestern ziehen, die ebenfalls in die 10. Klasse gehen werden. Eine der Schwestern für Mack, eine für Daniel, das Leben könnte nicht besser sein, wenn da nicht die Krankheit wäre und die sonderbare Art, in der Daniels Mutter damit umgeht. Meredith, eine der Zwillingsschwestern, spricht es direkt an, ein fast Sechzehnjähriger sollte ein Recht auf Privatsphäre haben und nicht alle Arztgespräche in Anwesenheit seiner Mutter führen müssen. Doch die Rollenverteilung liegt fest, bei den Landons muss Rücksicht auf die Gefühle der ökologisch korrekten Mutter genommen werden, nicht etwa auf die Vorstellung Daniels, wie er sein letztes Lebensjahr verbringen möchte. Die Unterstützung, die Daniel fehlt, sucht er sich bei seinem Idol Holden Caulfield aus "Der Fänger im Roggen". Meredith hat es durchschaut, wenn Eltern die nötige ärztliche Behandlung ihrer Kinder verweigern, können sie per Gerichtsbeschluss dazu gezwungen werden und die Behörden können ihnen das Sorgerecht entziehen. Als das Jugendamt darauf aufmerksam wird, dass Daniel nicht zur Schule geht, wird das Gerichtsverfahren gegen Daniels Eltern eingeleitet - nur Daniel hat immer noch niemand gefragt, wie er sich die Behandlung seiner schweren Krankheit vorstellt.

Fazit
Sarah C. Honenbergers Roman über einen jugendlichen Leukämiepatienten berührt seine Leser mit einer taktvoll erzählten Liebesgeschichte und den exotischen Lebensbedingungen der Familie auf unterschiedlichen Ebenen. Mich hat die altkluge Art sehr angesprochen, in der Daniel seine exzentrischen Eltern beschreibt und die typisch für schwerkranke Kinder ist. Daniel erzählt so, als müsse er in der Rolle des Erwachsenen seinen Mitmenschen die Wahrheit über seine Krankheit rücksichtsvoll beibringen. Die tragische Geschichte des Jungen hat auf mich nicht rührselig gewirkt. Die Auflösung des Konflikts lässt sich vermutlich aus der eigenen schweren Erkrankung der Autorin erklären. Zum Glück haben sich Autorin und Übersetzerin dagegen entschieden, Daniel in auffälligem Jugendslang sprechen zu lassen. Sehr gelungen fand ich die Szenen, die die Atmosphäre auf dem am Steg vertäuten Hausboot schildern. Etwas verloren habe ich mich ohne weitere Informationen gefühlt, ob Daniels Schicksal auch in Deutschland möglich wäre oder eine typisch amerikanische Angelegenheit ist.