Rezension

tragisch

Ein allzu braves Mädchen - Andrea Sawatzki

Ein allzu braves Mädchen
von Andrea Sawatzki

Bewertet mit 4 Sternen

Mit nur 170 Seiten, von denen jede zweite nur halb beschrieben ist, liest sich das Buch locker in einem durch. Auch der Inhalt trägt dazu bei, es in einer Rutsche von vorn bis hinten durchzulesen, denn man kann es nicht aus der Hand legen.

Eine völlig verstörte junge Frau wird in einem Waldstück aufgegabelt und da sie ihren Namen nicht preisgibt erstmal in die Psychiatrie gebracht. Dort findet eine Therapeutin langsam Zugang zu ihr und entlockt ihr mehr und mehr über die schreckliche Kindheit, deren Folgen in einem Verbrechen gipfeln, wobei Wahrheit und Einbildung nicht immer zu unterscheiden sind. Was ist wahnhaft oder Traum, was ist Realität und wirkliche Erinnerung ? 

Ganz toll fand ich, wie die Therapeutin auf die Patientin eingegangen ist, ihr Zeit gelassen hat, sich ihr anzuvertrauen und sie zu nichts drängte. Wenn die Psychiatrien doch mehr solche Therapeuten hätte und die KLiniken keine Entlassungen forcieren würden wegen des Kostendrucks durch die Krankenkassen, dann wäre vielen geholfen. Etwas seltsam fand ich die Regeln in der Klinik, auch für eine geschlossene Station, aber das nur nebensächlich. Es gibt unendlich viele Patienten, die durch ihre Kindheit schwerst traumatisiert sind und die Traumata können ganz unterschiedlich aussehen. Hier wird endlich mal nicht sexueller Mißbrauch als Trauma beschrieben (auch wenn dies leider einen Großteil der Traumata ausmacht), sondern ein ganz anderes, aber auch häufiges Phänomen in den Vordergrund gerückt. Ein sehr einfühlsames Buch, das sehr gut beschreibt, was eigentlich alles dahintersteckt und was es für ein Kind und seine Entwicklung bedeutet, wenn es in dieser o.ä. Situation aufwächst. In der Krankenakte steht dazu oft nur ein Satz oder zwei und dann weiß man ja auch, wie schwer die Kindheit war, hier aber wird genau geschildert, was es für die Psyche eines Kindes bedeutet, so aufzuwachsen. Geschrieben wurde das Buch übrigends wohl von einer Schauspielerin.

Interessantes Thema und tolle Umsetzung für einen Erstlingsroman. Sehr einfühlsam und überzeugend. Ob da was aufgearbeitet wurde ? (Also nur der KIndheitsteil ?)