Rezension

Tragische Liebes- und Lebensgeschichte der Josephine von Brunsvik - mitreißend und sehr berührend

Frau Beethoven - Verena Maatman

Frau Beethoven
von Verena Maatman

Bewertet mit 5 Sternen

„Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb, sie konnten beisammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief“...

1799 reist die ungarische Adlige Josephine von Brunsvik auf Wunsch ihrer Familie gemeinsam mit Mutter und Schwester Therese nach Wien, um sich dort auf dem Heiratsmarkt zu präsentieren und einen passenden, reichen Ehemann für sich zu finden. Da Klavierspielen eine Kunst ist, die bei potentiellen Bräuten gerne gesehen wird, spielt sie beim bekannten Komponisten Ludwig van Beethoven vor, um ihn als Klavierlehrer zu gewinnen. Der willigt sofort ein, Josephine zu unterrichten, ist er doch mehr als begeistert von ihren musikalischen Fähigkeiten und von ihr selbst. Schon bald wird Josephine zur Hochzeit mit einem anderen genötigt, doch Beethoven geht ihr nicht aus dem Kopf. Auch der geniale Musiker wird seinen „Engel“ nie vergessen...

 

Nur ein paar Seiten von Verena Maatmanns Roman genügten und schon war ich vollkommen gefangen in Josephines Geschichte und ihrer Welt. Der Schreibstil der Autorin ist nicht nur gut verständlich und gefällig, sondern wirkt angenehm nostalgisch und somit passend für einen Roman, der im 19. Jahrhundert spielt.

 

Josephine von Brunsvik ist eine tragische Figur. Völlig unbedarft und unerfahren trifft sie in Wien ein, wo sie unter die Haube gebracht werden soll. Sogleich verliert die talentierte Klavierspielern ihr Herz an den Ausnahmekomponisten Beethoven. Doch diese Liebe ist nicht standesgemäß. Eine Kette dramatischer Ereignisse setzt sich in Gang und Josephine „zieht das Unglück an wie ein Magnet“. Trotzdem sich Josephine nicht immer vernünftig und rational verhält, wird sie für mich plausibel und stimmig dargestellt. Gefangen in ihrer Rolle, hat sie keine Möglichkeit, eigenständig zu entscheiden. Ich empfand großes Mitleid für die Protagonistin, die soviel Schmerz erfahren muss.

Ludwig van Beethoven habe ich hier ganz neu kennengelernt. Ich kannte ihn aus anderen Darstellungen als störrisch, eigenwillig und unzugänglich. Doch Josephine gegenüber zeigt er eine ganz andere Seite von sich: höflich, zuvorkommend, charmant. Die beiden entwickeln eine wirklich besondere Beziehung, sie verstehen sich ohne Worte, vor allem über die Musik.

Sehr angetan war ich auch von Josephines Schwester Therese, die sich stets aufopferungsvoll um ihre jüngere Schwester kümmert und wie ein Fels in der Brandung immer für sie und ihre Familie da ist.

 

Dass die Hauptfiguren Josephine und Beethoven reale und keine erfundenen Persönlichkeiten sind, macht den Roman für mich hochinteressant, glaubwürdig und authentisch. Vieles hat genauso stattgefunden, einiges könnte so passiert sein. 

Ob Josephine in Wirklichkeit Beethovens „eine“ unsterbliche Geliebte gewesen ist, werden wir vermutlich nie erfahren. Verena Maatmann hat aus dem Stoff, aus Josephine von Brunsviks unglücklicher Biographie, einen aus meiner Sicht überaus packenden, aufwühlenden und beeindruckenden Roman geschaffen. Sie zeigt darin deutlich und sehr anschaulich auf, wie sehr Frauen in der Vergangenheit unter der Gesellschaftsordnung zu leiden hatten. Beethoven bringt im Text diesen Umstand treffend auf den Punkt: „Wir sind Sklaven unserer Zeit. Würden wir hundert Jahre später leben, wäre es möglich, dass wir heirateten, da bin ich sicher“. 

Auch Beethovens großartige Musik ist immer wieder Thema dieses lesenswerten Buches. Ich hatte nach der Lektüre das Bedürfnis, mir sein „Andante favorini“ einmal ganz in Ruhe anzuhören. Und plötzlich hatte dieses wunderschöne Stück eine ganz neue Bedeutung für mich.