Rezension

Traumhaft schöne „Zufälle“!

Zufälle im Museum - Wolfgang Ullrich

Zufälle im Museum
von Wolfgang Ullrich

Bewertet mit 5 Sternen

★★★★★

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Fast möchte man glauben, dass die Fotos – zumindest zum Teil – gestellt sind. Aber das Leben besteht aus so unfassbaren Zufällen, dass ich bereit bin, an das glückliche Zusammentreffen von Kunst, passendem Betrachter und die Anwesenheit eines Fotografen zu glauben. Viele der Gemälde werden durch diese Fotos noch viel faszinierender. Auf diese Weise betrachtet, wirken sie besonders stark und mich bringen sie dazu, Kunst ab sofort mit anderen Augen zu sehen und besonders stark auf das zu achten, was rings darum ebenfalls zu finden ist. Ich werde nie wieder einfach nur ein Gemälde ansehen, sondern immer zuerst von weitem darauf achten, wie die Betrachter „dazu passen“. Und vermutlich werde ich auch immer überlegen, wie ich selbst gerade zum entsprechenden Gemälde – oder Kunstobjekt allgemein – passe.

 

Durch die Fotos wird einem bewusst, dass zwischen den oft historischen Motiven und den hochmodernen Zeiten heute mehr Gemeinsamkeiten bestehen, als man gedankenlos angenommen hatte. Auch wenn es nur der Stoff oder das Muster eines Kleidungsstückes des Betrachters ist, die Körperhaltung, eine Geste – all das verbindet die Gegenwart mit der Vergangenheit auf eine Weise, die mich sehr berührt und bewegt, auch wenn sich das pathetisch oder albern anhören mag.

 

Gleichzeitig fällt mir auf, wie viele der Personen selbst im Museum den Blick oder das Ohr nicht vom Smartphone wegbekommen. Auch das verstärkt erstaunlicherweise den Effekt oftmals. Teils wirken die Museumsbesucher, als seien sie aus den Bildern herausgefallen oder würden gleich in ein Gemälde „einsteigen“ können. Vielleicht unbewusst, vielleicht lese ich zu viel heraus – aber bei vielen der Fotos habe ich das Gefühl, dass die Menschen mit den Kunstobjekten tatsächlich insgesamt sehr harmonieren. Je besser sie zusammenpassen, desto mehr scheinen die Menschen auch von den Bildern fasziniert zu sein.

 

Es finden sich aber auch urkomische Fotos von Zufällen, die anderer Art sind. Männer, die aussehen, als fielen sie ins Dekolleté der Dame auf dem Bild, das sie betrachten. Menschen, die so vor einem Objekt stehen, dass sie aussehen, als würden sie daraus herauswachsen. Bilder, die moderner aussehen, als die Menschen davor (quasi moderne Bilder und Leute, die scheinen, als kämen sie aus dem 17. Jahrhundert, statt umgekehrt). Und manchmal ergänzen sich Kunst und Mensch erst zu einem wirklich bemerkenswerten Gesamtbild, werten sich quasi gegenseitig auf, um es überspannt auszudrücken.

 

Es wird nicht langweilig, im Buch zu blättern. Immer wieder entdeckt man neue Zufälle und Besonderheiten. Das ist faszinierend und einfach wunderbar. Ich gebe sehr gern die vollen fünf Sterne.

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