Rezension

Traumhafte Story, aber auch typisch Kerstin Gier

Silber - Das erste Buch der Träume
von Kerstin Gier

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die fünfzehnjährige Liv Silber hat es mit ihrer Mutter nicht leicht: ständig müssen sie und ihre Schwester wegen ihrer Arbeit durch die Welt ziehen. Am neuen Wohnort London erwartet Liv eine Überraschung: ihre Mutter hat einen neuen Mann an ihrer Seite und sie werden in Kürze mit Ernest Spencer und seinen Kindern Florence und Grayson zusammenziehen, inklusive Kindermädchen Lottie und Hund Butter.
Zusätzlich zur schwierigen Eingewöhnung mit ihrer neuen Familie, der neuen Stadt und Schule, beginnt Liv, merkwürdig realistische Träume zu haben. Träume, in denen sie etwas über sich verrät, an das sich Grayson und seine Freunde am nächsten Tag erinnern. Was haben Grayson und seine Freunde damit zu tun? Für Liv, die kein Risiko kennt und Rätsel liebt, das gefundene Fressen. Schon bald steckt sie tief in den Ereignissen der Traumwelt.

Bereits die Edelstein-Trilogie von Kerstin Gier hat bei mir gemischte Gefühle ausgelöst, einerseits eine tolle Idee und spannende Umsetzung, andererseits zu einfach gestrickt, was Protagonisten und Humor angeht.
Bei „Silber“ erging es mir ähnlich. Sehr gut hat mit Kerstin Giers Idee gefallen, den Zugang zu den Träumen eines anderen über einen Korridor mit unterschiedlichen Türen zu gestalten und überhaupt die Idee mit der Traumwelt an sich. Die Macht, die man dadurch über andere gewinnen kann und die Auswirkungen auf das reale Leben, die Frage, ob es den Dämon wirklich gibt und die Beschwörung der Gruppe, das war sehr interessant und spannend.

„Silber“ hätte bei einem anderen Autor sicher so richtig düster werden können. Bei Kerstin Gier ist alles etwas zahmer und mit lustigen Elementen, wie z.B. dem Tittle-Tattle-Blog. Secrecy und ihren Blog mochte ich, was mich aber richtig störte, sind die teils klischeehaften Charaktere (Ernest, der Prince-Charles-Verschnitt und Lottie, das tumbe Heimchen am Herd) und der so entstehende krampfhafte Humor. Das wäre in meinen Augen alles nicht nötig gewesen. Der Schreibstil an sich ist jugendgerecht, angenehm und locker zu lesen.

Die Charaktere fand ich allesamt interessant und unterschiedlich gestaltet – bis auf die oben erwähnten Klischees. Auch dass Liv durch ihre Mutter schon richtig viel in der Welt herumgekommen ist und dadurch ein wenig Lebenserfahrung gewonnen hat, finde ich super.
Die Romanze zwischen Liv und Henry war für mich richtig süß und authentisch. Keine Spur von Insta-Love, wobei ich zunächst dachte, sie wird mit Grayson zusammenkommen.

Eine kleine Erbsenzählerei am Rande: Deutsch-Amerikanerin Liv nennt ihre (amerikanische) Mutter immer „Mum“ im schönsten britischen Englisch, dabei wird das im amerikanischen Englisch „Mom“ geschrieben und auch leicht anders ausgesprochen.

Fazit: Tolle Geschichte, der ich ein wenig Abzug für den aufgesetzten Humor gebe, der die eigentlich spannende Handlung abflacht.