Rezension

Traurig, berührend, ohne Perspektive und doch irgendwie schön!

Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung - Valentina D'Urbano

Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung
von Valentina D'Urbano

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch wird erzählt von der jungen Beatrice, die in einem der ärmsten Teile Italiens lebt, einer Gegend ohne die Chance, jemals aus dieser Lebenssituation heraus zu kommen. In diesem Viertel mit hoher Arbeitslosigkeit leben die Menschen in besetzten Häusern, die Polizei traut sich in diese Viertel nicht hinein und es gelten eigene Gesetze. Die Geschichte beginnt mit der Beerdigung von Beatrices Freund Alfredo.

„Mindestens einmal pro Monat läutete Don Antonio in der Pagode die Totenglocke. Ihr Klang waberte wie Nebel über den Hügel. Wir nahmen das hin wie ein Naturereignis. Wenn du zwischen sechzehn und dreißig Jahre alt bist und in La Fortezza lebst, liegt die Chance draufzugehen über dem Landesdurchschnitt.“ (S. 171)

Die Charaktere werden sehr authentisch dargestellt. Eine drastische Sprache mit vielen Kraftausdrücken zeigt die Lebenssituation in diesem Slum. Die herrschende Armut, die allgegenwärtige Brutalität, Alkohol- und Drogensucht machen die Perspektivlosigkeit überaus deutlich. Man kann sich gut in diese Gegend hineinversetzen und die bedrückende Atmosphäre wird zum Begleiter dieses Buches. Hier gibt es keine Chancen, nicht einmal für die Liebe. 

Dabei ist mir der Charakter Beatrices absolut unsympathisch vorgekommen, sie hat den jungen Alfredo zwar geliebt, aber sich mit ihm gestritten und ihn auch als Kind gequält und selbst körperlich brutal behandelt. Vielleicht wusste sie es nicht besser, da auch diese Brutalität ihren Alltag bestimmte und es ihr so vorgelebt wurde.
Sie war von sich selbst überzeugt, hielt sich für etwas Besseres. Vielleicht ist das ihre Art von Bewältigung ihres Lebens und die Hoffnung auf Besserung.
   
Die Bewohner von La Fortezza haben schlechte Zukunftschancen, dass sich ihre Situation verbessert und dennoch verzweifeln sie nicht. Das bringt die Autorin mit diesem Buch gut zum Ausdruck. Hier werden verborgene Gefühle beschrieben, die trotz der Trostlosigkeit Hoffnung machen.
 
Dieses Buch zeigt ein Leben trotz Schmerz und Armut, ein realistisches Bild von Chancenlosigkeit und dem Leben, das dennoch statt findet.
Berührend, traurig und mal eine ganz andere Leseerfahrung.