Rezension

Trauriger Tanz

Die Tanzenden - Victoria Mas

Die Tanzenden
von Victoria Mas

Bewertet mit 4 Sternen

Die Nervenheilanstalt Salpêtrière im Paris des ausklingenden 19. Jahrhunderts dient als Schauplatz dieses Romans über Frauen, die nicht in das einfach gestrickte, von Männern dominierte, Gesellschaftsklischee passen.

Hier befinden sich die unterschiedlichsten Schicksale zusammen auf einer Station: von Männergewalt traumatisierte Mädchen, aber auch Frauen, die mit zaghaften emanzipatorischen Schritten ihren Familien zu unbequem geworden sind.

Geneviève arbeitet als Oberschwester. Durch sie kann der Betrieb störungsfrei funktionieren. Sie hinterfragt nichts, sondern glaubt an die Unfehlbarkeit der Ärzte. Erst mit dem Auftauchen von Eugénie bricht ihre Weltanschauung zusammen.

Es ist beängstigend zu lesen, wie stark die Rechte von Frauen früher beschnitten worden sind. Wer sich nicht anpasste, wurde als Hysterikerin abgestempelt und im schlimmsten Fall in eine Anstalt eingewiesen. Die armen Personen waren den Ärzten auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Sie waren Freiwild und dienten sogar teilweise zum Amüsement der gehobenen Gesellschaft. 

Die Frauen in dem Roman von Victoria Mas machen eine gegenläufige Entwicklung durch, und auch wenn eine der beiden hinterher eingesperrt bleibt, so sind doch beide geistig frei und haben ihr Schicksal im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst gestaltet.

Das Buch hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Allerdings muss ich bemängeln, dass die Inhaltsangabe wenig mit dem tatsächlichen Inhalt zu tun hat und ganz falsche Erwartungen weckt.