Rezension

Trostloses Oberösterreich *

Wilderer -

Wilderer
von Reinhard Kaiser-Mühlecker

Bewertet mit 1 Sternen

Jakob übernimmt schon in jungen Jahren viel Verantwortung für die elterliche Landwirtschaft, wird aber von seiner Familie und auch von den anderen Dorfbewohnern nicht für voll genommen. Der Grund dafür ist wohl seine in sich gekehrte, wortkarge Art. Mit der Künstlerin Katja, die als Praktikantin auf den Hof zieht, scheint sich alles zum Besseren zu wenden. Die bisherigen Niederlagen etwa mit der Fischzucht soll ein Hof mit biologischer Tierhaltung und einem eigenen Hofladen ablösen.

Mit einer sehr nüchternen Sprache schafft Rainhard Kaiser-Mühlecker jene Distanz, welche Hauptfigur Jakob selber zu seinen Mitmenschen verspürt und einhält. Am liebsten geht er allen aus dem Weg und arbeitet für sich allein. Seine eigenbrötlerische Art bringt ihm Misstrauen und Ablehnung entgegen, lediglich sein handwerkliches Geschick ist gefragt im Dorf. Als Katja mittels Stipendium einige Zeit in Oberösterreich verbringt, nähert sie sich Jakob an, aber auch hier gibt es keine spürbaren Gefühle, keine Nähe, schon gar nicht Liebe im eigentlichen Sinn. Alles fühlt sich beim Lesen wie Zweckmäßigkeit an, später heißt es gar: „Katja war der einzige Mensch in seinem Leben, dessen Anwesenheit ihn nie störte, noch nie gestört hatte.“ (kindle, Pos. 3106). Und das über jene Frau, die er geheiratet hat.

Auch wenn Jakob gut auskommt mit seinen Tieren am Hof, so scheinen auch sie nur einen Zweck zu erfüllen. Ärgert er sich, dann schimpft er Mensch und Tier „scheißverdammte Zauk“. Irgendwie vermag auf keiner Seite dieses Romans etwas wie Freude aufzukommen, die Zeilen des Autors verbreiten Trostlosigkeit und ein Hineinfügen ins Schicksal, weil ER das so will. Obwohl Jakob immer wieder neu beginnt, ja mit Katja gemeinsam sogar Erfolg hat, so verspürt man beim Lesen über den jungen Landwirt keine Spur von Glück, Fröhlichkeit oder Leichtigkeit. Irgendwie scheint der Mann verbissen jeden Tag seines Lebens wegzukämpfen, scheint, ebenso wie alle anderen Figuren in diesem Schauspiel, eine Marionette seiner selbst zu sein, gefangen in einer starren Hülle. Zu allem Überdruss wird dann noch der unterschiedliche Umgang mit „der Seuche“ abgehandelt, was den letzten Funken Hoffnung auf eine positive Wendung an der Wurzel vertilgt.

Leider kann ich mit diesem Buch nichts anfangen, weder die sprachliche Umsetzung noch die szenenhafte Handlung mit leblos wirkenden Figuren lässt eine wirklichkeitsnahe Landwirtschaft vor meinem geistigen Auge erwachen. Lediglich die Vorstellung, dass eine reale Person Vorbild gewesen sein könnte für Jakob, jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken.

Titel          Wilderer
Autor        Reinhard Kaiser-Mühlecker
ASIN         B09JVNK79Q
Sprache    Deutsch
Ausgabe   ebook, ebenfalls erhältlich als Gebundenes Buch (352 Seiten)
Erscheinungsdatum 9. März 2022
Verlag       Fischer