Rezension

Trotz Potenzial nur oberflächlich

Der erste Blick, der letzte Kuss und alles dazwischen - Jennifer E. Smith

Der erste Blick, der letzte Kuss und alles dazwischen
von Jennifer E. Smith

Bewertet mit 2.5 Sternen

Clare und Aidan waren die letzten Jahre auf der Highschool ein Paar. Nach dem Abschluss verschlägt es sie an Colleges, die weiter nicht auseinanderliegen könnten: eines an der West- eines an der Ostküste Amerikas. Sollen sie es wagen und ihre Beziehung über die Entfernung weiter führen, ist ihre Liebe dazu stark genug? Oder sollten sie sich besser jetzt trennen, damit jeder frei in sein neues Leben starten kann? In ihrer letzten gemeinsamen Nacht zu Hause wollen die beiden alle Stationen ihrer Beziehung noch einmal abfahren und danach eine Entscheidung treffen.

Doch so ganz nach Plan verläuft diese Tour nicht. Auseinandersetzungen mit anderen Freunden, Prügeleien, enthüllte Geheimnisse und viele aufgestaute Emotionen lassen die Nacht zu einem Gefühlsmarathon werden, nicht nur für Clare und Aidan, auch für ihre besten Freunde und Familien.

Der YA-Roman von Jennifer E. Smith liest sich locker weg und spricht dem Zielpublikum sicher zutiefst aus der Seele. Woher weiß man, ob die erste Liebe auch die einzige bleibt? Sie wird immer etwas besonderes sein, aber ist sie besonders genug, um sich dafür vielen Erfahrungen, die das Erwachsenwerden ausmachen, zu verschließen? Und auch der Konflikt, in den einen die räumliche und emotionale Trennung von einem besten Freund/einer besten Freundin wirft, wird in dem Buch auf den Punkt gebracht. Das bietet jungen Erwachsenen in der gleichen Lage viel Identifikationspotential und Chancen zur Selbstreflektion.

Allerdings verschenkt die Autorin gerade in diesem Punkt auch ziemlich das Potential ihres Romans, denn ihre Hauptfigur, Clare, hat in meinen Augen ziemlich unlogische Ansichten und benimmt sich so unreif, wie es nur geht.  Seit Monaten macht sie Aidan schon mit ihren ach so realistischen Ansichten mürbe, nur um im letzten Moment dann doch noch fast ihre Meinung zu ändern. Dass sie ihn in meinen Augen seit Jahren ohne jeden Respekt behandelt und hingehalten hat, kann sie auch nicht mit der Scheidung ihrer Eltern entschuldigen. Für mich ist sie unterm Strich nur ein unreifes Mädchen, dass sich nicht festlegen will und sich nicht traut, zu ihren Gefühlen zu stehen. Von Liebe hat sie daher in meinen Augen schlicht keine Ahnung. Das an sich könnte ich verzeihen, wenn die Autorin in ihre Geschichte irgendwie eine Wertung von Clares Verhalten einfließen lassen würde und durch die Reaktionen anderer zeigen würde, dass Clares Einstellung Aidan gegenüber nicht fair ist. Doch das passiert nicht und so muss ich fürchten, dass die Autorin selbst Clares Einstellungen teilt.

Wo der Roman Jugendlichen in einer Umorientierungsphase ihres Lebens Anregungen und Inspiration hätte liefern können, kann ich nun nur hoffen, dass junge Mädchen sich Clare bitte nicht als Vorbild nehmen.