Rezension

Trunken vor lauter Schauen

Rilke Projekt: Wunderweiße Nächte - Schönherz & Fleer

Rilke Projekt: Wunderweiße Nächte
von Schönherz & Fleer

Bewertet mit 5 Sternen

„Liebe, ich bin trunken vor lauter Schauen“ – so beginnt die neue CD „Wunderweiße Nächte“ des Rilke-Projekts. Herbst-, Winter- und Weihnachtslieder sind auf dieser CD versammelt.  Genauer gesagt: Texte und Lieder. Wobei die Rilke-Texte immer auch musikalisch untermalt sind.

Ein Schwerpunkt der Texte liegt auf dem Glanz der Welt, den Rilke beschreibt. Vom „späten Glanz“ des Herbstes über den Glanz einer Sternennacht bis hin zum  Heiligen Abend, wo „alles Dunkel sich in Glanz verwandelt“. Für Rilke geht dieser Glanz einher mit der tiefen Ergriffenheit des Beobachters. Für Rilke ist es letztlich die Ergriffenheit vor Gottes großartiger Schöpfung.

So verwundert es nicht, dass die Lieder und Texte überwiegend melancholisch daherkommen. Nur wenige der Sänger und Sprecher brechen hier aus, wie etwa Mathias Koeberlin mit „Seliger Weihnachtstag“, das eher flott daherkommt und auch „So singt die Welt“ bricht nach und nach mit der Melancholie.

Rilkes Gedicht „Du, Nachbar Gott“ greift die Frage nach der Bedeutung des Schauens auf. Die Sinne sind endlich, ohne Heimat, von Gott getrennt. Erst das Ergriffensein führt zur Nähe zu Gott, sodass nur noch eine schmale Wand den Ergriffenen von Gott trennt.

Auch wenn der bekannte „Herbsttag“ („Herr, es ist Zeit…“) auf dieser CD fehlt (er ist ja schon auf einer anderen CD des Rilke-Projekts vorhanden), so ist es doch eine rundum gelungenen Auswahl an Gedichten, die den Weg vom Herbst in den Winter gehen.

Mir haben diese Rilke-Vertonungen – wie schon die Vorgänger des Rilke-Projekts – sehr gefallen. „Wunderweiße Näche“ kann man sich immer wieder anhören.