Rezension

Turbulente Monate zwischen Reben und Keller

Die Weinbergfrauen - Brigitte Guggisberg

Die Weinbergfrauen
von Brigitte Guggisberg

Bewertet mit 4 Sternen

Marlene Bruckner ist fünfzig und genießt ihr privilegiertes Le-ben in einer Hamburger Villa mit Blick auf die Elbe. Ihrem Mann Roland gehört eine Beratungsfirma, mit der er ein kleines Vermögen gemacht hat. Seit Marlene selbst dort nicht mehr mitarbeitet, fühlt sie sich ausgegrenzt und auch der Kreis aus gutbetuchten Freundinnen ist nur ein Trostpflaster. Als sie diesen Freundinnen Investments bei einem „Finanzgenie“ empfiehlt und dieser sich als Betrüger entpuppt, steht Marlene vor dem Ruin.

Doch nicht nur finanziell holpert es. Ihr Mann Roland ist nicht gerade der Typ fürsorglicher Ehemann. Er ist eher der Typ für-sorglicher Geliebter einer anderen (jüngeren!) Frau. Valentina ist gerade 30 und liefert Blumen in Rolands Firma. Sie ist die neueste Eroberung des Geschäftsmannes – bis er auch sie gegen eine andere austauscht.

Und dann ist da noch Sandrine, die 40jährige Vorzeige-Businessfrau und bestes Pferd im Stall bei Bruckner & Partner. Nur leider gibt es in dieser Firma das Wort Partner nur in männlicher Form – sie selbst kämpft seit Jahren darum und wird vom Chef immer wieder übergangen.

Durch turbulente Wirrungen landen am Ende alle drei Frauen auf dem Weingut von Rolands Bruder Hermann, der den Betrieb mehr schlecht als recht alleine aufrecht erhält. Nach anfänglichen Schwierigkeiten stürzen sich die Frauen in die Aufgabe, Hermanns Gut zu retten und lernen dabei viel über ihre Mitstreiterinnen – aber auch über sich selbst.

Dieser Roman eignet sich hervorragend als abendliche Entspannungslektüre – sinnigerweise am besten begleitet von ei-nem Glas leckerem Wein aus dem Markgräflerland. Dieser Zipfel im äußersten Südwesten Deutschlands ist das Setting dieses turbulenten und Buches, das nicht belehren will, sondern ein-fach nur unterhalten. Man könnte sich die Handlung sehr gut als Sonntagabendfilm im ZDF vorstellen (ohne das negativ zu meinen, denn viele Leute möchten sich ja gern einfach in eine schöne Gegend entführen lassen und noch ein wenig „abschalten“).

Mit Sandrine, Marlene und Valentina hat die Autorin Frauen in verschiedenen Altersgruppen zu Hauptfiguren gemacht und damit gleich mehrere Zielgruppen angepeilt. Das funktioniert auch recht gut, obwohl mir gerade Valentina, die jüngste der drei, stellenweise doch recht naiv erschien. Dafür fand ich Marlenes Wandlung von der Society Lady zur Landfrau nachvollziehbar. Sandrine hingegen erschien mir in ihrem Karrierestreben manchmal ein wenig eindimensional.

Insgesamt aber gaben die Damen vom Weinberg ein tatkräftiges Trio ab, dessen Weg ich gerne verfolgt habe. Leider habe ich auf nicht alle Fragen, die ich mir im Laufe des Buches gestellt habe, eine umfassende Antwort erhalten. So wird eine maßgebende Frage erst auf der letzten Seite geklärt – das dann aber so schnell, dass es mich ein klein wenig enttäuscht hat.

Letztlich muss man sich vor Augen halten: dieses Buch erhebt keinen Anspruch darauf, existentielle Fragen zu stellen oder zu beantworten – es soll unterhalten und das tut es sehr gut. Es ist ein turbulenter Ausflug ins Markgräflerland, der mir ent-spannte Lesestunden beschert hat.