Rezension

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Lautlose Nacht
von Rosamund Lupton

Bewertet mit 4.5 Sternen

Yasmin fliegt mit ihrer zehnjährigen Tochter Ruby nach Alaska. Matt, ihr Mann, soll sie vom Flughafen abholen. Doch statt ihres Ehemannes wartet die Polizei. Eine Polizeibeamtin teilt Yasmin mit, dass es einen schweren Brand in dem Inuit-Dorf gegeben habe, in dem Matt sich aufgehalten hat, um einen Naturfilm zu drehen. In Yasmins Kopf dreht sich alles, das kann nicht sein. Matt hat doch versucht, sie anzurufen als die Katastrophe schon ihren Lauf genommen hatte. Yasmin muss das mit eigenen Augen sehen, sie glaubt einfach nicht, dass ihr Mann unter den Toten sein soll. Gegen alle Vernunft und Widerstände machen Yasmin und Ruby sich auf den Weg nach Norden.

 

Wenn man schon einmal eine Dokumentation über die Lkw-Fahrer gesehen hat, die ihre fahrenden Festungen durch die Eiswüste steuern und allen Gefahren trotzen, kann man sich recht bildhaft vorstellen, was Yasmin und ihrer gehörlosen Tochter bevorsteht. Eine Fahrt durch eine gleißende weiße Stille, in der Mutter und Tochter dasselbe hören. Yasmin, die damit hadert, dass ihre Tochter lieber mit den Händen spricht, die sich nach ihrem Mann sehnt und fürchtet, ihre Ehe könne am Absterben sein. Mit viel Glück schaffen die Beiden auch ohne große Hilfe der Behörden ein Stück auf ihrem Weg voranzukommen. Bald schon aber wissen sie nicht mehr, wer ihnen hilft oder wer ihnen eher Steine in den Weg legen möchte.

 

Ein Lkw fährt sich nicht von selbst, auch wenn eine Mutter in der Gefahr über sich selbst hinauswächst, um ihr Kind und ihren Mann zu beschützen oder zu retten, wirkt es doch etwas weit hergeholt, dass sie mit einem unbekannten Fahrzeug in unbekanntes und unwirtliches Gelände fährt. Das ist allerdings auch der einzige Kritikpunkt, der sich ein wenig aufdrängt. Davon abgesehen ist die Höllenfahrt von Yasmin und Ruby einfach nur packend und dramatisch ohne Ende. Man verschlingt eine Seite nach der anderen unfähig aufzuhören. Man begegnet hilfsbereiten Menschen und solchen, die nur so tun. Nicht immer ist es leicht zu unterscheiden, wer auf welcher Seite steht und welches die Seiten überhaupt sind. Man fragt sich anhand der bekannten Tatsachen, ob es überhaupt eine Hoffnung für Matt geben kann oder ob Yasmin und Ruby schließlich doch die leidvolle Erfahrung machen müssen, dass er keine Chance hatte. Während der ganzen Zeit hört man förmlich das Brummen der Motoren oder man fühlt es wie Ruby. Man hält den Atem an, man zittert und bangt. Man versinkt in dem Buch, klasse.