Rezension

Tyrannei einer Ehe

Lügen über meine Mutter -

Lügen über meine Mutter
von Daniela Dröscher

Bewertet mit 5 Sternen

Liebevolles Bild über das schwierige Leben einer Mutter, die ihren verständlichen Frust in sich hineinfrisst.

Elas Mutter hatte es nicht leicht. Sie stammt aus einer Aussiedlerfamilie, die es mit viel Arbeit geschafft hat, zu Reichtum zu kommen. Von ihrem Vater mit Nichtbeachtung bestraft, weil ihre Geburt seiner Frau beinahe das Leben gekostet hat, wird das hübsche Mädchen von einem jungen Mann aus dem Hunsrück geheiratet. Der leidet unter seinem Sein, da er gerne mehr darstellen würde. Als Familienoberhaupt versucht er das Sagen zu behalten, doch Elas Mutter macht was sie will. Zumindest solange sie nur ein Kind hat.

Daniela Dröscher erzählt aus Sicht des Kindes, das zu Beginn sechs Jahre alt ist. Viele ihrer Erinnerungen drehen sich um die Gewichtsprobleme der Mutter, die vom Vater ständig an die große Glocke gehängt werden. Meist erinnert sie sich liebevoll an die Mutter, die bemüht ist, allen Anforderungen gewachsen zu sein: Sorge um das Wohl der Familie, Berufstätigkeit, Kümmern um ihre eigene kranke Mutter.

Viele der geschilderten Situationen kommen mir wie aus einer früheren Zeit vor, nicht wie aus den 80er Jahren. Doch Männer, die sich mit ihren Frauen aufwerten wollen, gab es auch zu meinen Zeiten noch. Ebenso Frauen, die um ihren Kindern die Familie zu erhalten, viele seelische Verletzungen ertrugen.

Ich habe dem von Sandra Voss vorzüglich eingelesenen Hörbuch mit wachsendem Entsetzen zugehört. Die Emotionen wechselten zwischen Mitleid, Unverständnis und Wut ob des Martyriums, dem sich die Frau kaum zu entziehen verstand. Ganz im Gegenteil, sie versuchte trotz eigener Krankheit immer allen und allem gerecht zu werden. Statt den Mann in seine Schranken zu weisen, übernahm sie sogar noch finanzielle Verantwortung für sein Unvermögen.

Gefallen haben mir auch die kurzen Einschübe der erwachsenen Autorin, die anhand diverser später Erkenntnisse analysierte, wie Mutter und der Vater so werden konnten, wie das Kind sie erlebte.

Auch wenn manches überspitzt geschildert ist, finde ich die Lektüre gelungen. Möge sie Betroffenen die Augen öffnen und zum Nachdenken über Veränderungen anregen. Von mir eine klare Hörempfehlung!