Rezension

Über das Leben in einer Anstalt für schwererziehbare Jugendliche – zwischen Träumen von einem besseren Leben und einer gewalttätigen Realität.

Das Mädchen mit dem Haifischherz - Jenni Fagan

Das Mädchen mit dem Haifischherz
von Jenni Fagan

Bewertet mit 3 Sternen

Rezension:

Unter Jenni Fagans “Das Mädchen mit dem Haifischherz” hatte ich mir etwas völlig anderes vorgestellt, als es letztendlich war. Warum auch immer dachte ich, es würde sich um etwas übersinnliches oder zumindest mysteriöses handeln – ja, ich hatte den Klappentext nicht gelesen. Denn die Geschichte ist alles andere als phantastisch – sie ist knallhart und direkt in der Realität.

Die Geschichte wird aus der Sicht der 15-jährigen Protagonistin Anais erzählt, die sich ausmalt, ein Experiment zu sein und auch so eine sehr blühende Phantasie besitzt. Sie kennt ihre Eltern nicht, wird von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gereicht und ist eine kleine Legende in den verschiedensten Kinderheimen. Ihre Art sich auszudrücken ist hart und sie ist wahnsinnig schlagfertig – nicht nur mit Worten, sondern auch mit Fäuste, die sie sprechen lässt, wenn es sein muss. Der Schreibstil ist so an perfekt an die Figur angepasst, dass man keine Sekunde daran zweifelt, wirklich eine schwererziehbare Göre vor sich zu haben, die sich im Inneren, ganz allein für sich, doch sehr verloren fühlt.

Die Geschichte setzt ein, als Anais von der Polizei ins sogenannte ‘Panoptikum’, eine Besserungsanstalt für Jugendliche, gebracht wird, da sie angeblich eine Polizistin ins Koma geprügelt hat. In der Anstalt angekommen, lernt sie, und mit ihr auch der Leser, die anderen jugendlichen Bewohner der Einrichtung kennen, von denen jede eine eigene schlimme Geschichte im Gepäck hat.

Doch anstatt, dass der Plott um die Sache mit der zusammengeschlagenen Polizistin in den Mittelpunkt rückt, wie man eigentlich annehmen würde, geht es eher um die zwischenmenschlichen Beziehungen im Panoptikum. Mich störte es, dass die Geschichte nicht geradlinig verläuft, sondern eher durcheinander. Zwar erfährt man immer wieder mal den Stand über den Zustand der Polizistin und Anais wird auch immer wieder dazu befragt – denn sie kann sich nicht erinnern, ob sie es war – doch trotzdem ist die Sache nicht so fokussiert, dass man den roten Faden darin erkennt.

Man könnte sagen, dass die Geschichte eher einen ‘Soap-Charakter’ hat. Es passiert zwar etwas, aber es läuft irgendwie auf nichts direktes hinaus, auch wenn die Sachen, die in der Anstalt passieren teils schon sehr an die Nieren gehen. Außerdem fand ich die Regeln und Sitten der Jugendlichen, die offenbar in jeder Einrichtung die gleichen sind, schon interessant. Wenn man also nicht ein völlig falsches Genre hinter der Geschichte vermutet und keinen Wert auf eine zielstrebige Story legt, ist man mit Jenni Fagans Debüt bestens bedient.