Rezension

Über den (fehlenden) Sinn des Lebens...

Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren - Ali Benjamin

Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren
von Ali Benjamin

Suzys einzige Freundin Franny ist im Sommer ertrunken, gerade mal 12 Jahre alt, was 412 Millionen Herzschlägen entspricht. Franny war eine gute Schwimmerin, und so will Suzy es nicht einfach hinnehmen, dass sie ertrunken ist. Ihrer Meinung nach muss, wenn schon kein Sinn, dann zumindest ein nachvollziehbarerer Grund hinter ihrem frühen Tod stecken. Und so beginnt Suzy alles über Quallen in Erfahrung zu bringen, deren tödliche Art der Irukandji sich auch an den Stränden Neuenglands verbreitet hat...

Die Geschichte wird abwechselnd in der Gegenwart und in Rückblenden erzählt. Wie Suzy Franny kennengelernte und wie es dazu kam, dass die beiden sich entzweiten.
Ein weiterer Grund dafür, warum es so schwierig für Suzy ist Frannys Tod zu akzeptieren, denn die beiden sind im Streit auseinander gegangen und Suzy hatte keine Gelegenheit sich zu entschuldigen und die Unstimmigkeiten zu klären.

'Er konnte mir helfen, ein neues Ende zu schreiben, ein besseres Ende der Geschichte meiner Freundschaft mit Franny.
Ein Ende, bei dem ich zu den Guten gehörte und nicht zu den Bösen.' (S. 78)

Frannys Tod stürzt Suzy in eine Sinnkrise, die soweit führt, dass Suzy nicht mehr redet. Sie war nie ein Freund von Small Talk und findet es nach dem Tod der Freundin noch überflüssiger Worte an Dinge zu verschwenden, die keinen Nutzen haben.

"Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren" ist von der Thematik und Suzys Weg damit umzugehen, meiner Meinung nach mitnichten nur ein Jugendbuch. Wahrscheinlich können gerade Erwachsene, die vermutlich noch häufiger in ihrem Leben mit dem Tod konfrontiert wurden, daraus Trost schöpfen.
Da ich selbst weder gläubig bin, noch an Schicksal glaube, empfinde ich es durchaus als tröstlich, dass Dinge "einfach passieren" und das Leben auch nach einem Schicksalsschlag weitergeht.

Obwohl Suzy mit ihrem für andere zunächst seltsamen Verhalten aneckt, bietet sich ihr immer wieder die Gelegenheit zum Austausch, sofern sie den Wunsch hat, da ihr dennoch Türen offenstehen, sei es von möglichen neuen Freunden, ihren getrennt lebenden Eltern oder einer Psychologin. Auch wenn die Geschichte aus Suzys Perspektive erzählt wird, konnte ich mich recht gut in das Verhalten der anderen Figuren hineinversetzen, die nun vor dem Problem stehen, wie sie Suzy helfen können.

Mir gefällt Ali Benjamins Erzählweise und sich dem Leben und dem unvermeintlichen Ende dessen von der wissenschaftlichen Seite aus zu nähern.
Die Qualle, die das Cover ziert, die die Suzy als eigentlichen Grund für Frannys Tod ansieht, zieht sich sowohl als Illustration als auch inhaltlich durch das komplette Buch.
Es ist eine seltsam distanzierte, aber auch heilende Art sich mit dem Ende des Lebens auseinanderzusetzen und gleichermaßen lernt man neben der Unausweichlichkeit des Todes einiges über dieses faszinierende Meereslebewesen, unter deren Arten sogar eine exzistiert, die unsterblich ist.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass "Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren" machen Lesern weh tun wird. Aber so ist das mit Wunden... Wunden, die heilen, schmerzen. Schmerz bedeutet Leben. Darüber hinaus erzählt Ali Benjamin eine wunderbare Geschichte über vergangene und neue Freundschaften und über das Leben an sich, das nicht immer Sinn macht, aber einfach passiert!