Über Heimat, Verluste und Umweltzerstörung u.a. - zu viele Themen in einem Buch
Bewertet mit 4 Sternen
Ich habe mich schwer mit der Entscheidung getan, wie viele Sterne ich diesem Debütroman geben soll. Aber ich denke, da man das Engagement des Autors auf allen Seiten spürt, Zeitgeist und gesellschaftlicher Wandel gut erfasst sind und die Sprache gehoben ist, sind 4 Sterne angebracht. Wenn es nur nicht der Themen zu viele wären!
In drei Teilen erfahren wir die Geschichte einer Familie über viele Jahre hinweg. Das Mädchen Leonore Klimkeit strandet nach einer zweijährigen Flucht aus Ostpreußen zufälligerweise in einem kleinen Dorf zwischen Köln und Aachen. Auch wenn sie nur geduldet ist ('Pimock'), wird ihr der kleine Ort mit der Bäckerei, wo sie beim gutmütigen Hannes bleiben und arbeiten darf, eine zweite Heimat. Besonders angetan hat es ihr der uralte Bürgewald, vielen von uns bekannter unter dem neuen Namen 'Hambacher Forst'.
Im zweiten Teil lernen wir Leonores Sohn Paul kennen; auch ihm bedeutet der Wald viel, aber diesen Abschnitt empfand ich als zu abschweifend und auch ein bisschen langweilig.
Gut getroffen sind die gesellschaftlichen Veränderungen: der Trend zur Industrieware statt zu Produkten kleiner örtlicher Betriebe, die seelenlosen Schlafstädte im Gegensatz zu den alten gewachsenen Dörfern.
Leider wurde das Sterben von Orten und Wäldern in diesem Bereich zwischen Köln und Aachen durch die Erschließung von Braunkohletagebauen beschleunigt. Leonore verliert also zum zweiten Mal ihre Heimat und viele andere auch. Nicht jeder lehnt die Kohleverstromung ab und so entstehen in Pauls Familie Konflikte, was richtig und falsch ist. Das Ende war für mich dann ein bisschen unglaubwürdig und etwas zu weit hergeholt.
Ein Verdienst des Buches ist zweifellos der kritische Umgang mit den Folgen des Braunkohletagebaus, der unglaublichen Zerstörung der Landschaft. Um die Ausmaße zu verstehen, muss man sich diese unglaubliche Mondlandschaft einmal ansehen.