Rezension

Über Höhen und Tiefen im Leben

Kleine Freiheit -

Kleine Freiheit
von Nicola Kabel

Die vierzigjährige Saskia lebt mir ihren zwei Söhnen und ihrem Mann Christian in einem Dorf, wo bald ein Windpark entstehen soll. Saskia ist ehemalige Richterin, hat nun aber ihren Job aufgegeben, um sich um die Kinder zu kümmern. Sie wird Teil einer Bürgerinitiative, in der sie Joachim von Wedekamp kennenlernt, dessen größtes Problem nicht der Windpark ist, sondern diesen als Vorwand für die Ausübung seiner (gefährlichen) Kritik an der heutigen Gesellschaft nutzt. Joachim ist ganz anders als ihr Vater Hans, der chaotisch ist, seinen eigenen Kopf hat, aber als Jurist leidenschaftlich gegen Kapitalismus und Ungerechtigkeit gekämpft hat.

Meinung:

Mit Saskia als Protagonistin erfahren wir ihre Gedanken zum Familienleben und zu den gesellschaftlichen Erwartungen an sie als Mutter, Ehefrau, ehemalige Richterin und Dorfbewohnerin. Ohne einen Finger auf jemanden zu zeigen werden die Schwächen der Menschen und die Zerreißproben im Leben aufgezeigt. Neben Saskias Erzählstrang gibt es noch einen weiteren Hauptstrang aus Hans´ Perspektive. Man erfährt unter anderem, wie er mit der Vaterrolle umgegangen ist und wie er die Mutter von Saskia und ihrer Schwester Sophie kennengelernt hat.

Die Stränge haben sich schön ergänzt. Besonders die Einblicke in die Vergangenheit von Saskias Kindheit haben die beiden Stränge gelungen miteinander verwoben. Als LeserIn kann man nachvollziehen, warum sich Saskia so entwickelt hat. Warum sie zur strengen Mutter geworden ist und ihre Fröhlichkeit und Leichtigkeit als kleines Mädchen verloren hat. Dass die Mutter Meggie sie und ihre Schwester zurückgelassen hat, hat Spuren bei ihr hinterlassen. Im Laufe des Romans setzt sie sich immer stärker mit ihrer Vergangenheit auseinander. Dabei werden die Emotionen und Hans´ sowie Saskias Verarbeitung der Vergangenheit psychologisch feinfühlig ausgearbeitet.

Wichtige gesellschaftliche und politische Themen umrahmen diesen Roman. Es geht um Familienpolitik, Klimawandel, Zuwanderung und vieles mehr. Dadurch regt der Roman zum Nachdenken an und legt unsere heutige Gesellschaft offen dar.

Stellenweise gab es einige Längen, da die Vergangenheit von Hans und Saskia sehr ausführlich beschrieben worden ist. Trotzdem waren diese Stränge aus der Vergangenheit sehr wichtig, um die Entwicklung der Beziehung zwischen Tochter und Vater nachvollziehen zu können. Dadurch wurden besonders diese beiden Figuren sehr detailliert mit ihren Stärken und Schwächen gezeichnet.

Was mir am Roman neben der Feinfühligkeit besonders gut gefallen hat, ist, dass die Zerreißproben der Gegenwart im Vordergrund stehen. Es wird kein perfektes Familienleben geschildert, die Figuren machen Fehler und müssen die Vergangenheit verarbeiten. Dies macht die Geschichte sehr authentisch und realitätsnah.

 

Fazit:

Nicola Kabel hat hiermit einen gelungenen Debütroman geschrieben, dessen Stärken die Ausarbeitung der Figuren und derer Gefühle sowie die Behandlung wichtiger Themen in unserer heutigen Gesellschaft sind. Sehr empfehlenswert!