Rezension

Überraschend

Menschen neben dem Leben - Ulrich Alexander Boschwitz

Menschen neben dem Leben
von Ulrich Alexander Boschwitz

          Dieser aus der Zeit um 1930 stammende Roman hat mich sehr überrascht. Zum einen gelingt es dem Autor, welcher das Buch 1937 in Schweden veröffentlichte, mit einer großen Genauigkeit Begebenheiten und menschliche Charaktere herauszuarbeiten und sie dem Leser auf eine prägnante aber auch spannende Art und Weise näher zu bringen. Wir lernen zu Anfang einen Gemüsehändler kennen und erfahren einiges über seine wirtschaftliche Lage, aber auch ein wenig übe seine familiären Verhältnisse. Diese Informationen sind in den geschichtlichen Kontext eingewoben, die Protagonisten leben in der Nachkriegszeit nach dem ersten Weltkrieg. Einige haben es geschafft ihr Geld zusammenzuhalten und ein einigermaßen einträgliches Auskommen zu halten. Andere sind mit größten Bemühungen und Anstrengungen gerade so in der Lage sich über Wasser zu halten, wie zum Beispiel Prostituierte oder Zuhälter. Die absoluten Verlierer dieser Gesellschaft, welche sich am Rand der Legalität befinden, sind Bettler, Wohnungslose und Menschen mit unverarbeiteten Traumata. Ihnen ist die Geschichte am intensivsten gewidmet. Der Leser lernt Fundholz, einen geschiedenen Obdachlosen, Griessmann, einen gescheiterten Arbeitslosen und Tönnchen, den übergewichtigen Traumatisierten kennen und verfolgt das Trio durch den gesamten Roman hindurch, bis zum spannenden und aufwühlenden Finale.

Mir hat beim Lesen sehr gefallen, dass ich für einzelne Figuren sowohl Mitgefühl als auch Sympathie empfinden konnte. Während der intensiven Handlungsstränge, werden die zeitlichen Perspektiven immer wieder einmal verschoben, so dass ich neben der eigentlichen momentanen Handlung auch die Gefühlsregungen der betreffenden Protagonisten und den parallel stattfindenden Situationen erfassen kann.

Der Autor ist leider viel zu früh verstorben. Über ihn verrät das Nachwort noch einiges. Ullrich A. Boschwitz hat ein zeitloses Werk geschaffen. Literatur für den Kopf und die Seele. Das Buch würde ich auf alle Fälle auch als Schullektüre empfehlen.