Rezension

Überraschend anders als erwartet

Narbenkind
von Erik A. Sund

Bewertet mit 4.5 Sternen

4,5 Sterne

Der Klappentext hält sich hier sehr bedeckt - aber das muss auch so sein, denn im zweiten Teil zeigen sich mehr und mehr die Hintergründe, die man im ersten Band schon erahnt hat.
Die Handlung geht fließend weiter und die Autoren halten an ihren kurzen Kapiteln und den schnellen Perspektivenwechseln fest. Da ich mich ja schon eingelesen habe, war das gar kein Problem und es gibt auch einige Hinweise zur Vorgeschichte, so dass man schnell wieder in die Geschichte einsteigen kann.

Die Persönlichkeiten sind "wahnsinnig" gut beschrieben. Im Fokus stehen auch hier wieder die Polizistin Jeanette Kihlberg, die die Ermittlungen führt, die Psychologin Sofia Zetterlund, die sehr mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen hat und Viktoria Bergman, deren schreckliche Erlebnisse in Rückblenden erzählt werden. Es werden wirklich schlimme Themen um Kindesmisshandlungen und Kindesmissbrauch aufgearbeitet, bei der ich die Realität allerdings gut ausblenden konnte. Man kann ja selber gar nicht erfassen, was sowas in einem Kind oder in einem Menschen auslösen kann und wie schwer er sein ganzes Leben daran zu tragen hat.
Die Hintergründe zu den Morden ziehen immer weitere Kreise, anfangs wirkte es auf mich etwas konfuser als im ersten Band und die Spannung war auch erst im letzten Drittel wirklich hoch. Fesselnd war es trotzdem, weil man sehr greifbar in die psychischen Qualen und Abgründe der Figuren blicken konnte und die Hilflosigkeit, mit der sie ihrem Leben ausgeliefert sind, einem doch sehr nahe geht. Gerade Viktorias Vergangenheit und Weiterentwicklung ist faszinierend, erschreckend und schockierend gleichermaßen - faszinierend auf psychologischer Ebene.

Neue Wahrheiten werden aufgedeckt, auf die die Autoren sehr subtil, raffiniert und mit viel Fingerspitzengefühl hinarbeiten. Nichts ist so, wie es scheint und ich bin sehr gespannt, ob auch noch der dritte Band Überraschungen bereit hält.
Ein kleiner logischer Fehler ist mir allerdings aufgefallen, aber vielleicht klärt sich das ja noch auf.

Fazit

Grausame Abgründe tun sich auf - eine intensive Psychostudie, die einen nicht mehr loslässt. Weniger Spannung, dafür eindringliche Einblicke in Menschen, die ihrer Opferrolle nie entwachsen sind. Bis jetzt bin ich schwer beeindruckt!

© Aleshanee
Weltenwanderer

Victoria Bergman Trilogie

1 - Krähenmädchen
2 - Narbenkind
3 - Schattenschrei