Rezension

Überraschend gut!

Eene Meene (rot) - Matthew J. Arlidge

Eene Meene (rot)
von Matthew J. Arlidge

In den meisten Thrillern geht es um Rache. Hier auch. Aber hier geht es auch um Schuld. Und um Vergebung. Alles Motive, die in diesem Genre viel und häufig umgesetzt werden, hier aber auf ganz perfide, spannende und komplexe Art und Weise den Leser den Atem anhalten lassen.

Der alte Abzählreim aus Kindertagen „Eene meene muh, und raus bist Du“ wird im ersten Roman von Autor M.J. Arlidge zum Titel „Eene Meene“, versehen mit dem Untertitel „Einer lebt, einer stirbt“. Es ist ein ungewöhnlicher Buchtitel und wurde von mir zunächst vor allem als gute Verkaufsidee wahrgenommen. Aber nachdem man das Finale des Buches kennt, macht man sich die wahre Bedeutung der Worte „Einer lebt, einer stirb“ erst richtig bewusst und erlebt noch einmal diesen ganz besonderen Aha-Effekt. Sehr gut gelungen!

Die Geschichte spielt in Southampton an der Südküste Englands. Detective Inspector Helen Grace ist eine junge und sehr erfolgreiche Polizistin. Ehrgeizig, ein Workaholic, ohne nennenswertes Privatleben. Sie wirkt auf ihre Kollegen kühl und immer beherrscht. Das dies jedoch nur eine Fassade ist, die sie aber sehr glaubhaft aufrecht erhält, wird dem Leser schnell klar. Dennoch trägt sie dieses Verhalten nicht wie ein Schmuckstück auf, sondern wirkt in ihrer Art echt und unaufdringlich. Das war für mich bei der Charakterzeichnung ein großer Pluspunkt. Auch die anderen Figuren, die in diesem Thriller näher beleuchtet werden, sind allesamt überzeugend dargestellt.

Ebenso die Handlung: Sie überzeugt durch Spannung und ist komplex konstruiert. Was zunächst wie ein einzelner Entführungsfall aussieht, entpuppt sich bald als eine Mordserie, die einem immer gleichen Muster folgt: Zwei Personen werden entführt und weggesperrt. Eine Flucht ist in allen Fällen völlig ausgeschlossen. Es gibt keine Nahrung, kein Wasser, nur eine Pistole mit einer Kugel. Und eine Regel: Wer den anderen tötet, kommt frei.

Es ist jedoch nicht die Wahl zwischen Leben und Tod. Es ist die Wahl zwischen Mord und Tod. Denn wie kann man leben, wenn ein anderer dafür sterben musste?

Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Besonders zum Ende hin steigert sich der Plot, unterstützt durch immer kürzer werdende Kapitel, zum einem Finale, das besser und stimmiger nicht hätte sein können.

Ebenfalls bemerkenswert fand ich das Talent des Autors, in einzelnen Szenen eine erschütternde Dramatik zu legen, ohne voyeuristisch oder plakativ zu wirken. Eindringlich und beklemmend schildert M.J. Arlidge das schlichte Dahinvegetieren der Entführungsopfer in kurzen Sequenzen. Gerade die richtige Länge, um den Leser punktgenau zu erreichen.

Fazit: Durch Titel und Gestaltung hatte ich zunächst mit einem poppigen Unterhaltungsthriller gerechnet, wurde aber eines besseren belehrt und positiv überrascht. „Eene Meene“ bietet eine spannend und gut erzählte Geschichte mit gekonnt entworfenen Protagonisten, einer vielschichtigen Hintergrundgeschichte und einem Ende, das nur hoffen lässt, dass die angekündigte Serie um DI Helen Grace schleunigst fortgesetzt wird!

Bewertung:

Stil: 4 Sterne
Idee: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Figuren: 4 Sterne
Plot-Entwicklung: 4 Sterne
Tempo: 4 Sterne
Tiefe: 5 Sterne
Komplexität: 5 Sterne
Lesespaß: 4 Sterne

Durchschnittliche Bewertung: 4,22 Sterne

Gesamteindruck: 4 Sterne mit großer Tendenz zum 5. Stern!!

 

Rezension auch auf:

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