Rezension

Überraschend unterhaltsam

Rubinrot. Liebe geht durch alle Zeiten 01 - Kerstin Gier

Rubinrot. Liebe geht durch alle Zeiten 01
von Kerstin Gier

Bewertet mit 4 Sternen

Seit Gwendolyn denken kann, wird ihre Cousine Charlotte auf den Tag vorbereitet, an dem sich zwischen ihrem 16. und 17. Geburtstag das Erbe der Familie bei ihr bemerkbar machen wird: In weiblicher Linie wird ein Zeitreise-Gen vererbt und Charlotte wurde schon vor langer Zeit durch niemand geringeren als Isaac Newton persönlich als die nächste Gen-Trägerin ermittelt. Aber plötzlich ist es Gwendolyn, die sich völlig unvorbereitet in einer anderen Zeit wiederfindet. Der Frust bei Charlotte und ihrer Mutter ist mindestens ebenso groß wie die Überforderung mit ihrer plötzlichen Aufgabe im Kreise einer Geheimloge bei Gwendolyn. Mit Hilfe eines anderen Zeitreisenden, Gideon de Villiers, den sie beim besten Willen nicht ausstehen kann, muss sie sich nun daran machen, eine alte Prophezeiung zu erfüllen und den Kreis der 12 Zeitreisenden zu schließen. Denn nur dann kann ihr wahres Geheimnis gelüftet werden.

"Rubinrot" hat für mich immer zu den Büchern gehört, denen ich mich aus Prinzip verweigert habe, so wie beispielsweise auch den Vampire Diaries oder, um ein aktuelles Beispiel zu nennen, Shades of Grey. Ich mag es überhaupt nicht, wenn ein regelrechter Hype um ein Buch oder eine Reihe aufkommt und man mir Bildungslücken vorwirft, wenn ich sie nicht gelesen habe. Aber nachdem mir "Rubinrot" jetzt wiederholt von verschiedenen Seiten ans Herz gelegt worden ist und es zufällig in der Bücherei im Regal stand, habe ich mir ein Herz gefasst und es einfach mal ausgeliehen. Und was soll ich sagen, manchmal ist der Hype um ein Buch wohl doch gerechtfertigt...
Gerade bei Jugendbüchern stellt sich mir oft das Problem, dass ich schon die Protagonistin nicht ausstehen kann. Und auch wenn es dann "nur" 300-400 Seiten sind, wenn man mit der Hauptfigur nicht kann, dann sind einem auch diese 300-400 Seiten zu viel. Gwendolyn hat mich sehr positiv überrascht. Sie ist, wie man so schön sagen würde, ein bisschen unorganisiert und verpeilt, vielleicht auch ein wenig weltfremd, und rutscht damit in eine Geschichte rein, die eigentlich für eine andere bestimmt ist, nämlich ihre Cousine Charlotte. Während Charlotte ihr ganzes Leben lang darauf vorbereitet wurde, sich in anderen Zeiten zurecht zu finden - Fechtunterricht, Reiten, Sprachen und Geschichtslektionen inklusive -, steht Gwendolyn jetzt ein bisschen ratlos vor der ganzen Sache und weiß nicht recht, was man von ihr erwartet. Gideon, der wie Charlotte von kleinauf für seine Aufgabe ausgebildet wurde, bildet ein herrlich kontrolliertes Gegenstück zu Gwen. Und entgegen aller Erwartungen ist die kitschige Liebe-auf-den-ersten-Blick-Lovestory ausgeblieben - was ich dem Buch hoch anrechne. Denn letztlich drehen sich ein ganzer Haufen Jugendromane in erster Linie ausschließlich um die Liebesgeschichte und die übrige Handlung ist schmückendes, aber oft irgendwie nur seichtes Beiwerk. Das Gefühl ist bei mir in diesem Roman überhaupt nicht aufgekommen.
Die von Kerstin Gier verwendete Sprache ist einfach und flüssig zu lesen. Sie passt hervorragend zu einer Sechzehnjährigen Protagonistin. Dazu kommt natürlich auch, dass die Seiten ziemlich groß bedruckt und auch an sich recht dick sind. Wenn man einmal richtig drin ist, hat man das Gefühl durch das Buch zu gleiten wie ein Messer durch warme Butter.

Ich muss an dieser Stelle freimütig einräumen, dass meine Vorurteile gegenüber diesem Buch nach Strich und Faden widerlegt wurden. "Rubinrot" hat sich nicht als die befürchtete Zeitverschwendung entpuppt, sondern mir im Gegenteil beim Lesen eine Menge Freude bereitet. Ich werde in jedem Fall zusehen, dass ich den zweiten Band der Trilogie alsbald in die Hände bekomme. Vier überraschende, verdiente Sternchen für einen auch einfach überraschend guten Roman.