Rezension

Überraschender Auftakt

DUNKEL - Ragnar Jónasson

DUNKEL
von Ragnar Jonasson

Bewertet mit 4 Sternen

Kommissarin Hulda Hermannsdóttir zählt bereits 64 Lenze, hat keine Familie mehr und muss bald in den Ruhestand. Zu ihrer Überraschung kann ihr Chef sie scheinbar nicht schnell genug durch einen jüngeren Kollegen ersetzen und setzt ihr ein Ultimatum. Einen letzten Fall, einen der vielleicht keiner ist, hat sie ihm auch den Rippen geleiert. Vor über einem Jahr wurde eine russische Asylbewerberin tot aufgefunden und die Ermittlungen waren bestenfalls halbherzig geführt worden…

Ein interessante Ermittlerin, die in den Ruhestand soll; ein Fall, der vielleicht gar keiner ist und recht aussichtslos erscheint, dunkle Geheimnisse und eine besondere Idee machen das Buch unterhaltsam, auch wenn die ersten Seiten nicht ganz so überzeugend waren, hat sich dann einiges getan.

Der Schreibstil ist recht rund und man liest sich vor allem in den Abschnitten mit kurzen Kapiteln schnell fest, sodass das Buch schnell gelesen ist. Die drei Zeitebenen, die die aktuellen Ermittlungen, aber auch Ereignisse in der Vergangenheit beleuchten lassen sich erst nach und nach in Einklang bringen, aber das machte es für mich nur interessanter. Was hat es mit der jungen, unverheirateten Mutter auf sich? Und wer macht im kursiv gedruckten Abschnitt einen Ausflug in eine unwirtliche Gegend Islands?

Protagonistin Hulda hat mich einerseits beeindruckt, da sie gegen alle Widerstände – und derer gab es viele - eine ordentliche Karriere hingelegt hat und auch die menschliche Komponente nicht zu kurz kommt. Daher beschäftigt sie sich auch mit dem Cold case, denn die junge Russin hat sonst keinen Fürsprecher. Obwohl es zahlreiche Hürden zu nehmen gilt, arbeitet sie unbeirrt an dem Fall weiter, für die Gerechtigkeit. Andererseits hat sie dunkle Seiten und bis zum Ende des Buches war ich zwiegespalten zwischen Bewunderung und Verwunderung…kurz: Ein sehr facettenreicher Charakter! Vor allem eine Sache hat mich tief getroffen. Schade, dass manche wirklich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen.

Sowohl Hulda Porträt, als auch der Fall werden häppchenweise vorangetrieben und manche Enthüllung hat es wirklich in sich. Es sind dabei eher die persönlichen Aspekte, denn der Fall ist wenig spektakulär, sondern eher gewöhnlicher und realistischer Natur – wenn ich auch lange im Dunklen getappt bin.

Die Idee hinter der Reihe ist mal was anderes und ich finde das recht überzeugend. Leider kann ich hier nicht näher darauf eingehen, aber ich empfehle Freunden von Krimis und Thrillern die Lektüre, um sich ein eigenes Bild zu machen.

Mich hat die Geschichte, bei der vieles nicht so ist, wie es scheint, sozialkritische Themen angeschnitten werden und viele Überraschungen auf den Leser warten, weitgehend überzeugt und ich werde die Reihe daher auch fortsetzen.