Rezension

Überzeugend, auch wenn die Spannung eher auf Sparflamme kocht

Samariter
von Jilliane Hoffman

Bewertet mit 4 Sternen

Faith Saunders fährt mit ihrer kleinen Tochter zur Geburtstagsfeier ihrer Schwester. Da sie die Nacht dort verbringen will, spricht nichts dagegen, dass sie ein paar Gläschen Alkohol trinkt. Doch plötzlich kommt es zu einem heftigen Streit zwischen den Schwestern, sodass Faith sich ihre Tochter Maggie schnappt und völlig überstürzt aufbricht. Es ist stockdunkel und ein heftiger Sturm tobt. Der Regen prasselt nieder, sodass Faith kaum etwas sehen kann. Die Straße führt zwischen dichten Maisfeldern hindurch. Faith verliert langsam die Orientierung, fährt irgendwas an und beschließt, den Wagen anzuhalten, etwas zu schlafen und später weiterzufahren. Plötzlich wird Faith davon geweckt, dass eine völlig verzweifelte junge Frau an ihre Autoscheibe klopft und um Hilfe fleht. Faith trifft eine folgenschwere Entscheidung, die nicht nur ihr eigenes Leben in einen Albtraum verwandeln wird......

Bei Jillian Hoffmans neuestem Thriller gibt es keine langsame Eingewöhnungsphase. Er startet bereits mit hohem Tempo und wirft den Leser mitten ins spannende Geschehen. Man beobachtet eine Frau, die in einem Maisfeld um ihr Leben rennt. Obwohl man ahnt, wie die Sache ausgehen könnte, fiebert man mit und hofft auf ein Wunder. Dadurch gelingt der Einstieg in die Erzählung mühelos, denn man möchte unbedingt erfahren, wie alles zusammenhängt und wie es weitergeht.

Beim Lesen stellt man sich oft die Frage, wie man selbst gehandelt hätte. Denn die Überlegung, was geschehen wäre, wenn Hauptprotagonistin Faith anders gehandelt hätte und ob sie überhaupt anders handeln konnte, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Denn Faith Leben verändet sich durch ihre Entscheidung schlagartig. Eine junge Frau hat ihr Leben verloren und ein Serienkiller treibt weiter sein Unwesen. Faith ist hin- und hergerissen, wie viel sie von den Ereignissen der Nacht erzählen kann, ohne sich selbst zu schaden. Außerdem sorgt die Presse dafür, dass der Killer genau weiß, wem er es zu verdanken hat, dass die Polizei nun erste Hinweise bekommt, denen sie folgen kann.

Die Protagonisten wirken glaubhaft und lebendig, sodass man sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen mitfiebern kann. Allerdings macht es einem Faith nicht immer leicht, denn sie handelt oft so, dass man sie am liebsten schütteln und auf den richtigen Weg bringen würde. Doch dabei sollte man bedenken, dass man selbst gar nicht ahnen kann, welcher Weg richtig ist und wie man an Faith Stelle gehandelt hätte.

Die bereits früh aufgebaute Spannung verflüchtigt sich leider viel zu schnell. Denn die eigentliche Ermittlungsarbeit tritt etwas in den Hintergrund und das Drama um Faith nimmt seinen Lauf. Obwohl die knisternde Hochspannung fehlt, die man aus anderen Büchern der Autorin kennt, bleibt das Interesse an der Handlung und dem weiteren Verlauf durchgehend erhalten. Überraschende Wendungen sorgen außerdem dafür, dass die Spannung zwischendurch wieder etwas ansteigt.

Der Schreibstil von Jillian Hoffman ist gewohnt flüssig und angenehm lesbar. Man kann sich die beschriebenen Szenen mühelos vorstellen und sich dadurch ganz auf die Handlung einlassen.

Auch wenn ich mir einen deutlich spannenderen Thriller erhofft hatte, vergebe ich vier von fünf Bewertungssternen. Denn "Samariter" konnte mich, trotz der Sparflammen-Spannung, durch eine durchgehend interessante Handlung überzeugen. Das Schicksal der Hauptprotagonistin, die durch eine einzige Entscheidung, die innerhalb kürzester Zeit gefällt werden musste, ihr Leben in einen Albtraum verwandelt, hat mich in den Bann der Handlung gezogen und zum Nachdenken angeregt.

Kommentare

Christian Bosten kommentierte am 01. September 2015 um 21:56

Sehr gelungene Rezension!

KimVi kommentierte am 03. September 2015 um 19:36

Danke dir