Rezension

Um die Stille meiner Worte...

Die Stille meiner Worte - Ava Reed

Die Stille meiner Worte
von Ava Reed

Was würdest du tun, wenn du sie verloren hättest? Wenn du nur so überschäumst von Gedanken, aber sie keinen Weg nach draußen finden. Zu wahren Worten. Wenn du den Klang deiner eigenen Worte vergisst. Bist du dann für immer verloren? Oder gibt es doch etwas, dass dich retten könnte?

Die Stille meiner Worte ist ein absolut einzigartiger Roman aus der Feder von Ava Reed. Nachdem ich bereits Avas erstes tiefgründiges Buch "Wir fliegen, wenn wir fallen" gelesen und geliebt habe, war auch ihr neues Werk ein absolutes Muss für mich und tja, was soll ich sagen? Es war wirklich unbeschreiblich und ich weiß genau, dass die Rezension ganz bestimmt nicht dem Buch gerecht sein wird, aber ich versuche es!

Ich bin absolut verliebt! In dieses unglaublich tolle Cover. Ich war wirklich einfach nur sprachlos, es ist einfach der Hammer! Schon als ich es nur im Internet gesehen habe, war ich einfach nur begeistert. Als ich es dann in der Hand hatte, war es um mich geschehen. Ich liebe die Farbe Blau einfach. Egal ob hell oder dunkel, jedes Blau drückt was anderes aus. Und diesmal hat es mehr als nur perfekt zum Inhalt gepasst, denn die Farbkleckse und ganzen Blaunuancen von Himmelblau bis Meerblau haben genau das ausgestrahlt: Stille, Ruhe, Weite und einfach eine unbeschreibliche Tiefgründigkeit. Und dann die Silhouetten eines Mädchens und ihrer Katze, die das Ganze perfekt ergänzen. Und dann noch von meinem Lieblingsdesigner Alexander Kopainski, hier hat er mal wieder bewiesen: Er ist wirklich ein kleiner Covergott :)

Hannah hat sie verloren. Ihre Worte. In dem Moment als Izzy starb, wusste sie, dass es nie mehr so wie vorher sein würde. Denn sie verlor nicht nur ihre geliebte Zwillingsschwester, sie verlor auch sich selbst und damit auch die Fähigkeit zu sprechen. Es herrscht eine Stille und das obwohl Hannah doch nur so voller Gedanken ist, die es aber nie raus schaffen. Eingeschlossen und trauernd in sich selbst, schreibt Hannah Izzy jeden Tag Briefe, Worte, die doch keine sind und verbrennt sie, in der Hoffnung Izzy diese vermitteln zu können. Ihr einziger Begleiter ist Mo, Izzys Kater, der zu Hannahs Anker wird und sie stützt. Bis ihre Eltern beschließen etwas zu verändern. Dafür schicken sie Hannah auf die Sankt Anna, eine neue Schule und auf das dazugehörige Camp mit Leuten ihrer Art. Oder wie Hannah es nennt: Das Camp der kaputten Dinge. Zunächst sträubt Hannah sich richtig dagegen. Hannah ist anders und keiner kann ihr helfen. Sie will nicht, dass ihr jemand hilft. Oder etwa doch? Es war still um Hannah, bis Levi kam...

Ava Reeds Schreibstil ist einfach total anders hier. Es ist aber ein sehr sehr gutes, positives Anders! Ich verstehe immer noch nicht ganz wie, aber der Autorin ist es wirklich richtig gut gelungen die Stille um Hannah einzufangen und trotzdem sagt sie gleichzeitig so viel. Die Autorin ist wirklich manchmal so poetisch und wordgewandt, ich war echt von Beginn an begeistert, denn sofort wenn man das Buch beginnt, zieht es einen in seinen Bann und alles um einen wird still. Hannahs Gedanken sind manchmal so tiefgründig und so emotional, manchmal unterschwelliger, manchmal offensichtlicher, ich bin immer noch ganz fasziniert davon. Ava erschafft eine einzigartige Atmosphäre, die ich so bisher noch nie gelesen habe und vermutlich auch nie wieder werde. Sie passt wunderbar zur Geschichte und raubt einem wirklich die Worte.

"Ich habe Angst vor der Stille meiner Worte." (S. 1)

Hannah war eigentlich immer glücklich. Und dann kam dieser Abend und alles veränderte sich. Izzy starb und sie nahm einen Teil von Hannah mit sich. Hannah fühlt sich seitdem unvollständig, so kaputt, dass es nie wieder heilen kann. Das dachte sie jedenfalls. Allein Mo und die Briefe an Izzy haben sie vor einer vollständigen Zerstörung gerettet. Aber dann kommen ihre Eltern und der Beschluss sie auf die Sankt Maria zu schicken. Und dann waren da plötzlich das Camp, Menschen wie sie, die eine Geschichte haben und Levi. Der einsame Junge, der Tattoos besitzt, Gitarre spielt und anscheinend Katzen hasst. Niemand kann Hannah aus ihrer Stille retten, oder etwa doch?

Für mich war Hannah eine wunderbare Person. Zunächst weiß man gar nicht wie alt man sie schätzen soll. Sie wirkt sehr jung und doch sind ihre Gedanken so anders als andere ihres Alters. In ihren unausgesprochenen Worten, die doch keine sind, stecken viele Botschaften und Gefühle, die man selbst als Leser anfangs nur schwer begreifen kann. Ich habe Hannah sehr gerne begleitet, denn es ist immer spannend und gleichzeitig so berührend zu sehen, wie Menschen fallen und doch wieder aufstehen können, wenn sie den Mut dazu haben. Sie war definitiv ein Lieblingscharakter von mir!

Wer aber auch auf jeden Fall ein Liebling von mir war und Erwähnung verdient ist Levi. Ich glaube ich hatte noch nie so ein starkes falsches Bild von einer Person am Anfang. Man lernt Levi nur ganz langsam kennen. Im Gegensatz zu Hannah scheint er anfänglich sogar blass. Aber das ändert sich ganz schnell. Er zeigt Stärke und doch solche Sanftheit, die man wirklich kaum erwarten würde. Er hat etwas an sich, dass man ihn nicht nur ins Herz schließt, sondern auch dass man als Mensch mit Wunden von seinem Käfig ausbrechen lassen möchte. Und so eine Person war in diesem Buch mehr als nur essentiell!

Aber nicht nur die Hauptcharaktere glänzen mit ihren Worten, auch die Nebencharaktere sind einfach große Klasse. Sie passen unglaublich gut in das ganze Bild. Denn man trifft auf ganz viele Menschen mit ihrem Geschichten. Ihren Wunden und ihren Gefühlen. Nicht nur Hannahs und Levis Geschichten habe mich hierbei interessiert, sondern auch die der anderen, die nicht minder spannend und gefühlvoll waren. Ich hätte noch so gern so viel mehr von ihnen gelesen, sie hätten es alle verdient! Wen ich natürlich auch ganz unbedingt erwähnen muss, ist Mo, der Kater. Er ist quasi auch der Anker des Lesers durch das Buch und ja, manchmal auch der Lichtblick :)

"Ich muss dagegen ankämpfen. Gegen das Gefühl, das , was es mit mir macht, gegen das Wort mit all seinen acht Buchstaben. Hoffnung." (S.192)

Eins vorab: Ich glaube, ich hatte noch nie ein Buch, in dem ich so viele Lieblingszitate gefunden habe. Ich liebe solche tiefgründigen Worte, die man manchmal noch nicht sofort ganz umfassen kann und einen doch nicht loslassen. Das Buch steckt voller kleiner, aber sehr bedeutender Weisheiten. Man leidet, man bangt und ab und zu hofft man. Daran, dass endlich alles anders wird. Für mich war es ehrlich gesagt anfangs wirklich schwer den Roman zu lesen, denn nebenbei sollte man ihn auf keinen Fall lesen, man sollte sich wirklich richtig darauf einlassen und deshalb war vor allem am Anfang die Stille fast unerträglich, weshalb ich den Roman öfters weglegen musste.

Aber das ändert sich zum Glück sehr bald und dann war es für mich ein Auf und Ab der Gefühle. Ein Wechsel zwischen berührenden, emotionalen und nachdenklichen Momenten, manchmal über Dinge, über die man nie so intensiv drüber nachgedacht hat und die wunderbar mit den Briefen am Ende jedes Kapitels abgerundet waren. Und ich war richtig begeistert von der Liebesgeschichte, die irgendwie keine ist. Denn auch hier ist es wieder gänzlich anders. Es ist Liebe, aber irgendwie auch nicht. Ich denke im Endeffekt können Worte das Gefühl beim Lesen doch nicht gänzlich greifen und beschreiben, weshalb ich es jedem Buchliebhaber ans Herz lege es selbst zu lesen und zu fühlen. Für mich war es eine wirklich unbeschreibliche Reise mit einem perfekten Ende für Hannah und Levi. Von mir muss es für das einzigartige Highlight mehr als 5***** geben!