Rezension

um zu überleben, lesen!

Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben
von Matt Haig

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein Buch, das es eigentlich gar nicht geben dürfte. Denn mit gerade mal 24 Jahren wird Matt Haig von einer lebensbedrohlichen Krankheit überfallen, von der er bis dahin kaum etwas wusste: einer schweren Depression. Es geschieht auf eine physisch dramatische Art und Weise, die ihn buchstäblich an den Rand des Abgrunds bringt. Dieses Buch beschreibt, wie er allmählich die zerstörerische Krankheit besiegt und langsam ins Leben zurückfindet. Eine bewegende, witzige und mitreißende Hymne an das Leben und an das Menschsein - ebenso unterhaltsam wie berührend. »Ich habe dieses Buch geschrieben, weil letztendlich doch etwas dran ist an den uralten Klischees: Die Zeit heilt alle Wunden, und es gibt ein Licht am Ende des Tunnels, auch wenn wir es zunächst nicht sehen können. Und manchmal können Worte einen Menschen tatsächlich befreien.« Matt Haig

"Ziemlich gute Gründe am Leben zu bleiben" ist kein gewöhnliches Buch, das merkt man bereits an dem Klappentext. Ein Buch, das es eigentlich gar nicht geben dürfte, oder nicht geben sollte. Ich kenne sonst keine Bücher die von einer Depression handeln. Kein Buch, welches so persönliche Gedanken und Erlebnisse beinhaltet. Matt Haig, erzählt uns seine Geschichte. Er erzählt wie er krank wurde, wie es sich anfühlte und wie er es in den Griff bekam. Aber was wesentlich wichtiger ist, er sagt warum es sich lohnt am Leben zu bleiben.
Ich habe noch nie an einer Depression gelitten, zumindest glaube ich das, aber eine meiner früheren Kolleginnen. Als sie wochenlang zu Hause blieb und ab und zu Arbeit kam, dabei total leblos wirkte und einen Blick hatte welches mir Gänsehaut bereitete, behauptete sie immer sie sei krank. Doch, mit meinen 17 Jahren erkannte ich keine Krankheit. Eine Frau mit einer schlechten Laune und einer Null-Bock-Einstellung ja, aber für mich sah es nicht nach einer Krankheit aus bei der man wochenlang nicht arbeiten ging. Und genau das ist es auch, das sagt Matt Haig auch in seinem Buch mehrmals, die Krankheit ist unsichtbar. Es heißt jedoch nicht dass es sie nicht gibt, genau im Gegenteil. Sie ist sehr wohl da nur eben anders als Menschen es gewohnt sind.
Ich fand eine Stelle ganz am Anfang des Buches besonders gut, weil es die Krankheit sehr deutlich beschreibt, wie ich finde.
 

"Mir bot sich die herrlichste Aussicht, die ich je gesehen hatte. Das glitzernde Mittelmeer sah aus wie eine türkisgrüne, mit Diamanten übersäte Tischdecke, gesäumt von einer dramatischen Kalksteinküste und kleinen, fast weißen menschenleeren Stränden. Die Aussicht passte zu fast jeder Definition von schön. Und doch, selbst die schönste Aussicht der Welt konnte mich nicht davon abhalten, mich umbringen zu wollen. "Seite 22

Die Szene hat mich bewegt und gezwungen weiter zu lesen, es kam mir bekannt vor... diese Gedanken, wenn man an sich selbst zweifelt, wenn man alles hinschmeißen und sich auflösen will. Dieser Moment, wenn du krankhaft nach Gründen sucht die dich dazu zwingen, den letzten Schritt zu wagen, der zu deiner Erlösung führt, leuchtet da immer ein kleiner Funke in deinem Kopf, eine leise Stimme die dir sagt das es keine Lösung ist. Dein Überlebensinstinkt. Auch Menschen die sterben wollen, haben Angst zu sterben. Dieser Zustand ist viel schlimmer, wenn du nicht sterben kannst weil du davor Angst hast und aber nicht leben kannst, aus demselben Grund. Du bist wie gefangen in einem Käfig das man Leben nennt, welches dir solche Schmerzen bereitet.
Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen, es hat mir gezeigt wie manche Menschen leiden ohne dass es jemand bemerkt. Das es unsichtbare Schmerzen und Ängste gibt, die die Menschen den Spaß am Leben nehmen. Es hat gut getan zu lesen wie Matt Haig Situationen und Gefühle beschreibt für die ich nie passende Worte fand.
Durch seine angenehme Schreibweise ist es mir gelungen dieses Buch an einem Tag zu lesen und gründlich darüber nachzudenken. Ich glaube man könnte es nicht besser machen, als es Matt Haig gemacht hat. Es ermutigt andere verlorene Seelen und gibt Hoffnung. Auch wenn man die Zukunft nicht sieht und auch nicht spürt, heißt es noch lange nicht dass es sie nicht gibt... so wie die Krankheit. 

"Sie ist selbst für die rätselhaft, die daran leiden." Seite 20 

Matt Haig erzählt viel Persönliches in " Ziemlich gute Gründe am Leben zu bleiben". Dabei ist er sehr ehrlich und findet immer die richtigen Worte für eine Krankheit die sein und das Leben vieler belastet. Eine Krankheit über die man öfters sprich, aber nie richtig verstehen wird wenn man es nicht selbst erlebt hat. 
Ich finde dieses Buch muss jeder mal gelesen haben, um wenigstens einen kleinen Einblick hinter die Kulisse und um Verständnis oder sogar Erleuchtung zu bekommen.