Rezension

Unausgegoren

Die Djurkovic und ihr Metzger -

Die Djurkovic und ihr Metzger
von Thomas Raab

Bewertet mit 3 Sternen

Kann das denn sein: Danjela wirft 14 Tage vor der Hochzeit ihren Metzger aus der Wohnung – „Wird Hochzeitsüberraschung!“ – bucht eine Schicki-Location und lässt ihn dann vor Riesenpublikum am Traualtar öffentlich abblitzen, indem sie mit einem tätowierten Muskelmann davonfährt? Wer die Metzger-Romane von Raab kennt, glaubt natürlich keine Sekunde lang, dass es so ist, wie es aussieht. Da steckt was anderes dahinter, das ist der gewieften Leserin sonnenklar.

Überraschend, dass der Metzger nicht stutzig wird. Sonders erstmal in ein tiefes Loch fällt, nach dem Motto „Versteh einer die Frauen“ und „Hab ich sie wirklich gekannt?“ Aber so sind sie, die Männer. Wenn sie eine Frau nicht verstehen, stehen sie nicht etwa auf dem Schlauch, sondern die Frauen sind personifizierte Rätsel, was will Mann machen. Aber schließlich wird auch ihm klar: Danjela ist nicht die naive Kroatin, als die Willibald sie kennengelernt hat. Sondern hat irgendwie mit einem albanischen Familienclan zu tun, Anlass für einige bissig-ironische Einlassungen Raabs zum Thema Blutrache.

Auch dieser Roman punktet wieder mit Raabs unverwechselbarem Stil, der die Abschweifung zur Kunst veredelt. Mich amüsieren immer wieder die tollen Dialoge (keine Angst vor Ausrufezeichen!) und witzigen Ideen. Willibald wird zum U-Tube-Helden, ein amoklaufender Elefant kommt vor, „Melania Trump wird sich verlieben, endlich ein Dickhäuter mit Hirn“, es gibt Seitenhiebe in Richtung artgerechte Haltung von Zoo- und anderen Tieren, oder auf passive Gutmenschen, denen es völlig reicht, sich zu empören, wer braucht da noch handeln. Und natürlich kann man wieder das liebenswert schräge Idiom von Danjela genießen.

Leider hat Raab es mit der Originalität diesmal etwas übertrieben. Der Text wird häufig von Funkprotokollen in Schreibmaschinenschrift und kursiven Rückblenden in Danjelas Vergangenheit unterbrochen, erstere garniert mit sinnigen Codenamen wie Falke, Habicht, Adler, Taube und so weiter. Dazu noch das genial verdichtete Protokoll eines Kundendienstgespräches mit einem Mobilfunkanbieter, leider mit höchst unwahrscheinlichem Resultat. Am Ende noch eine extrem unwahrscheinliche Figurenpaarung, die das Faktotum Petar unter die Haube bringt. Dissonanzen wie diese und die Vielzahl der Fonts und Protokolle gingen auf Kosten des Plots und erzeugten ein Gefühl von Inkohärenz.

Dazu passt die radikale (und wenig überzeugende) Auflösung dieses Metzger-Abenteuers. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie eine glaubhafte Entwicklung danach aussehen könnte, es sei denn, Danjela und Willi sind nicht mehr sie selbst – und wer kann das wollen? Sie legt nahe, dass Raab hiermit den letzten Roman der Reihe vorgelegt hat. Es fühlte sich so an, als hätte der Autor sich von seinem Helden innerlich verabschiedet; als sei Raab nicht so liebevoll durchdacht mit der Story verfahren wie bei den vorigen Romanen.

Von daher war ich etwas enttäuscht – und vergebe ungnädige drei Sterne.