Rezension

Unausgereifte Charaktere

Vielleicht habe ich dich nur erfunden -

Vielleicht habe ich dich nur erfunden
von Tatjana Scheel

Es fing gut an. Junge Leute treffen aufeinander, schließen in Windeseile Freundschaften, verlieben sich, testen ihre Grenzen, streben nach Autonomie, versuchen sich zu finden. Und jeder verstellt sich ein wenig, um für die anderen interessanter zu sein, bloß nicht langweilig wirken, bloß keine Verletzlichkeit zeigen. So wie die Hauptfigur Alex, die mit ihren 18 Jahren kurz vor den Abiturprüfungen steht, aber überhaupt nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen will. Statt für die Prüfungen zu lernen, fährt sie mit einem Typen, von dem sie nicht will, in den Urlaub nach Sizilien. Dort trifft sie auf Sheela, die sie augenblicklich verzaubert und von der sie was will, aber diese hat einen Bruder, von dem Alex eventuell auch was will. Wen von den beiden sie mehr mag, ist Alex unentschieden und spielt mit beiden, bis die Wege sich abrupt trennen. Für Alex zu unerwartet …
11 Jahre später treffen die Protagonisten erneut aufeinander, alte Wunden werden aufgerissen und neue hinzugefügt. Es wird kurz gezeigt, wie sehr Alex unter der Trennung die letzten Jahre gelitten hat, doch die einigen wenigen Rückblenden reichen nicht aus, um sich in die Hauptfigur versetzen zu können. In den 11 Jahren scheint sie kein wenig reifer geworden zu sein, in ihr steckt immer noch ein Teenager, der so chaotisch und irrational handelt, dass es einfach nur nervt.
Und dann wieder ein Zeitsprung, diesmal sind es 7 Jahre. Sämtliche Zusammenhänge gehen verloren, denn Alex lebt nun in Island. Anfangs scheint es noch, alle hätte Alex ihr Leben radikal verändert, immerhin ist sie in einer Beziehung und Mutter. Doch dann zeigt sich, dass sie in ihrer Entwicklung keinen Schritt weiter gekommen ist. Seitenlange Monologe und Selbstzweifel fangen an zu langweilen, spätestens dann, als sie sich wundert, warum keiner wissen will, warum sie sich ausgerechnet für Island entschieden hat. Doch sie selbst scheint das auch nicht zu wissen. Und natürlich taucht wie aus dem Nichts auch hier Sheela auf. Nach dieser kurzen, aber intensiven Begegnung, in deren Ende der Leser viel reininterpretieren darf, endet auch das Buch. Irgendwie unvollendet und unbefriedigend.

„Vielleicht habe ich dich nur erfunden“ lässt sich sehr leicht lesen, anfangs ist es interessant und spannend, doch dann wird es monoton und ein wenig langweilig, denn die Charaktere sich in keinster Weise weiter entwickeln. Es fehlt mir auch die Erklärung, warum sie so sind, wie sie sind. Das Buch lässt für meinen Geschmack zu viel Raum für Interpretationen.