Rezension

Unbedingt lesen!

Mein Leben als Sonntagskind - Judith Visser

Mein Leben als Sonntagskind
von Judith Visser

Bewertet mit 5 Sternen

Schon in frühester Kindheit wird klar, dass Jasmijn anders ist, die Welt anders wahrnimmt als andere Menschen. Als sie im Alter von vier Jahren in die Vorschule kommt, wird es ganz deutlich und es wird auch immer so bleiben… Mit Anfang 20 spricht ihre Freundin sie zum ersten Mal darauf an, dass sie sich testen lassen könnte – auf Asperger -, um auf die vielen „warum“ endlich ein „darum“ zu erhalten…

Judith Visser hat mit „Mein Leben als Sonntagskind“ einen autobiografischen Roman geschrieben und beim Lesen hatte ich auch immer wieder die Autorin vor meinem inneren Auge. Denn dem Buch ist deutlich anzumerken, dass Judith Visser weiß, wovon sie schreibt. Dabei würde mich natürlich interessieren, was in dem Buch Wahrheit und was Dichtung ist. Standen auch ihre Eltern so bedingungslos hinter ihr? Genoss auch sie derart viele Freiheiten, sich zu entwickeln, wie die Figur in ihrem Buch? Oder ist das ihre Idealvorstellung?

Der Autorin gelingt es sehr gut, dem Leser die Überforderung der jungen Jasmijn durch die vielen Geräusche, das grelle Licht oder die vielen Menschen deutlich zu machen. Besonders schlimm ist es, wenn Jasmijn aufgrund einer ihrer außergewöhnlich starken Migräneanfälle kapitulieren muss, während derer sie zum Teil nicht einmal mehr sprechen kann. Toll fand ich auch, wie die Freundschaft mit ihrer besten Freundin Kirsten geschildert wird. Kirsten bemüht sich, eine Freundschaft aufzubauen, akzeptiert Jasmijn und ihre Eigenheiten, passt sich an und ist ihr wirklich eine Freundin. Zudem ist die persönliche Entwicklung von der Hauptfigur sehr gut zu sehen, sie wird mutiger, wächst über sich hinaus, erweitert ihre Welt.

Judith Visser ist ein tolles Buch gelungen. Ich meine zwar, zwei „Fehler“ gefunden zu haben, doch zugunsten des wichtigen Themas lasse ich diese erzählerischen Details (einen Logikfehler und einen Fehler im Tag) gerne unter den Tisch fallen. Denn ich glaube, dieses Buch kann zum Thema Verstehen von Menschen mit Autismus und Asperger wesentlich mehr beitragen als so mancher Krimi bzw. Roman, der in den letzten Jahren erschienen ist, und nur überspitzte Vorurteile bedient.

Also, meine Empfehlung lautet: unbedingt lesen!