Rezension

Unbedingte Leseempfehlung!

Arthur oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren - Sarah N. Harvey

Arthur oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren
von Sarah N. Harvey

Bewertet mit 5 Sternen

* Ein unbeschreiblich wichtiges, berührendes & dabei urkomisches Buch - einfach einzigartig *

"Arthur oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren“ ist das neueste Jugendbuch der Verlagslektorin und Autorin Sarah N. Harvey. Inspiriert zu diesem Buch wurde sie von ihren Erfahrungen aus der Zeit, als sie sich um ihren alten Vater kümmerte. Empfohlen wird das Buch ab einem Lesealter von ca. 14 Jahren.

Was auch immer ich mir von diesem Buch erwartet oder erhofft hatte – es kam tatsächlich alles ganz anders und wurde somit zu einer unerwartet eindrücklichen und äußerst berührenden Leseerfahrung.

Zu Beginn ist das aber noch nicht abzusehen – im Gegenteil, der Anfang des Buches (und nicht nur der!) ist so humorvoll geschrieben, dass ich wirklich ein paar Mal laut lachen musste. Gut, Royce erlebt gerade eine überaus turbulente Zeit – erst muss er mit seiner Mutter umziehen und zwar quer durch Kanada, so dass diese ihrem Vater Arthur näher sein kann. Dieser kann sich nach seinem ersten Schlaganfall und dem daraus folgenden Krankenhausaufenthalt nicht mehr alleine versorgen und braucht dringend Unterstützung und Betreuung im Alltag. Und dann soll ausgerechnet Royce, der eigentlich nur zurück in seine alte Heimat möchte, derjenige sein, der seinen alten, zunehmend dementen Opa versorgt! Immerhin nicht umsonst, sondern gegen Cash, und das Geld könnte Arthur wirklich gut gebrauchen – schließlich spart er auf ein Auto und möchte damit wieder zurück nach Neuschottland zu seinen alten Freunden fahren. Aber kann er die Probe und Herausforderung, auf die Arthur ihn stellt, wirklich bestehen? Schließlich hat dieser bis jetzt noch nie Interesse an seinem Enkel gezeigt und mit seiner sarkastischen Art auch schon einige Pflegekräfte vergrault…

Die anfangs wirklich noch amüsante Geschichte nimmt einen direkt für sich ein. Die story ist aus der Sicht von Royce geschrieben und dadurch lernt man ihn sehr schnell näher kennen. Ich mochte diesen Hauptcharakter tatsächlich von der ersten Seite an sehr gerne. Der Schreibstil der Autorin ist dabei locker, voller Humor und leicht zu lesen, jedoch nie oberflächlich oder banal. Royce, ein typischer Teenager, beginnt seinen Job und schnell wird klar, wie sehr sich sein Alltag damit ändert und wie anstrengend und ganz anders sein Leben mit seinem griesgrämigen Opa nun verläuft. Aber er lässt sich nicht so einfach von Opas Launen und seiner Kauzigkeit niedermachen, nein, Royce geht mit seiner ganz einzigartigen und unbefangenen Art mit seinem Opa und dessen Eigenarten um. Er dürfte ja auch nicht Arthurs Enkel sein, wenn dem nicht so wäre! Durch seine unkomplizierte, jugendliche Art kommen sich Großvater und Enkel tatsächlich auch ganz behutsam näher und man spürt eine zunehmend positive Veränderung in dieser interessanten Konstellation - die beiden haben sogar Spaß miteinander, wer hätte das gedacht?! Denn Arthur ist auch nicht nur der verschrobene, eigensinnige und nervige Kerl – er hat durchaus Humor und ist absolut nicht so unbeholfen, wie es manchmal scheint. Früher war er einmal ein berühmter Mann, ein gefeierter Musiker, beliebt und geschätzt, wohlhabend, aber jetzt im Alter ist er zuviel allein und auch sehr verbittert. Auf einmal muss er lernen, sich einzugestehen, dass es ohne fremde Hilfe nicht mehr geht. Auf andere angewiesen zu sein, sich helfen zu lassen und immer jemanden um sich zu haben – das alles ist nicht ganz einfach für ihn.

Äußerst sanft und sehr feinfühlig greift die Autorin Themen auf, an die man sich sonst doch eher ungern wagt. Das Altwerden, Krankheit, Demenz, Generationenkonflikte, der Tod. Und ihr gelingt dabei ein einzigartiger Spagat wie ich finde: Auf der einen Seite ist hier ein äußerst tiefgründiges Jugendbuch entstanden, das eben solch ernste Themen behandelt, andrerseits beeindruckte sie mich mit ihrer überaus feinen, herzerfrischenden Art zu schreiben, sie überzeugt mit so viel Witz und auch einer Leichtigkeit – ohne dabei je leichtfertig zu wirken. Unglaublich wie  realistisch und tiefgründig, intensiv und berührend dieses Buch geschrieben ist, wirklich überwältigend. Der sanfte Annäherungsprozess zwischen Enkel und Großvater wurde total schön und überzeugend beschrieben. Man fühlte sich den beiden einfach nah, hat mitgefühlt, sich mitgefreut und auch mitgelitten.

Ich konnte das Buch tatsächlich nur "dosiert" lesen, so tief beeindruckt und auch betroffen war ich von der Lektüre - auf der einen Seite hätte ich das Buch am liebsten ohne Unterbrechung gelesen, so angenehm war der Schreibstil - aber das war mir thematisch einfach nicht möglich. Inzwischen liest es mein Sohn (20 Jahre) und ich glaube, ich kann schon so viel sagen - das Buch hat dieselbe Wirkung auf ihn!

Mein Fazit:

Ein wirklich wertvolles, wichtiges und einzigartiges Buch hat Sarah N. Harvey hier geschrieben, meine allergrößte Hochachtung dafür! Meiner Meinung nach ist das Buch gerechtfertigt als Jugendbuch ab 14 Jahren empfohlen, aber deshalb noch lange nicht nur für Jugendliche geeignet! Nein, ich finde, das ist ein generationenübergreifendes Buch mit einer immer aktuellen und auch wichtigen Thematik. Und die Art und Weise, wie die Autorin darüber schreibt, ist einfach phänomenal. Noch lange nach Beenden des Buches, begleitet mich der Inhalt nach wie vor und ich bin überzeugt, dem kann sich kein Leser entziehen. Ich habe bei diesem Buch tatsächlich Tränen gelacht und auch Tränen geweint, so beeindruckt und nachhaltig berührt hat mich die Geschichte von Arthur und Royce. Dieses Buch kann ich wirklich zu 100% empfehlen!