Rezension

Unbefriedigende Lektüre

Der Würfelmörder - Stefan Ahnhem

Der Würfelmörder
von Stefan Ahnhem

Bewertet mit 2 Sternen

Eine Information vorweg. Das Buch ist bereits 2019 unter dem Titel „10 Stunden tot“ erschienen. Eine Verkaufsstrategie, die mittlerweile bei vielen Verlagen Usus ist, aber (hoffentlich) den Leser verärgert.

Und auch nachdem man das Buch zuklappt, entpuppt es sich nicht nur deshalb als Mogelpackung. Warum? Die Gründe dafür sind vielfältig, am schwersten wiegt allerdings meiner Meinung nach, dass der Autor die Erwartungen seiner Leser massiv enttäuscht.

Das Team der alkoholkranken Kripochefin Tuvesson ermittelt in verschiedenen Fällen, wobei Fabian Risk, „Starermittler“ und Namensgeber der Reihe, bis in den Spätsommer beurlaubt ist und ansonsten weitestgehend seine eigene Suppe kocht, heißt einem alten Fall nachgeht, wenn er nicht gerade mit seinem deprimierenden Privatleben beschäftigt ist.

Tuvesson hingegen geht in Reha, obwohl die Hütte brennt. Wenn das bei der schwedischen Polizei üblich ist, wundert es mich nicht, dass Anzeigen dort nicht ernst genommen bzw. bearbeitet werden. So geschehen im Fall „Molly“.

Molly wird gestalkt, jemand dringt während sie schläft in ihr Schlafzimmer ein, fotografiert sie und schneidet ihre Ponyfransen ab. Die Polizei quittiert ihre Befürchtungen mit einem Schulterzucken. Wie die Geschichte endet, kann man sich denken, ist ja ein Thriller. Sie wird ermordet, stirbt einen qualvollen Tod.

Ein Flüchtlingskind verschwindet, und die Bereitschaft der Polizei, der Sache nachzugehen, ist auch eher gering. Lediglich Kriminalinspektorin Irene Lilja beharrt darauf, sich darum zu kümmern, und sie hat recht. Das Kind wird in der Waschküche tot aufgefunden. Ein fremdenfeindlicher Übergriff?

Und dann noch besagter Würfelmörder, der seine Opfer nach dem Zufallsprinzip auswählt. In diesem Fall tappt die Polizei komplett im Dunkeln.

Zwei weitere Punkte sind mir während des Lesens sehr unangenehm aufgefallen: Zum einen habe ich mich an der äußerst vulgären Sprache gestört, an Schimpfwörtern, die Frauen gegenüber inflationär gebraucht wurden. Nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern in SMS oder um dem Ärger über eine Kollegin Ausdruck zu verleihen (Beispiel Kim Z.). Zum anderen gibt mir das Frauenbild, das hier transportiert wird, stark zu denken. Egal, wie gut diese Frauen im Job/Alltag sind, in ihren Partnerschaften lassen sie sich klein halten, stehen nicht für sich ein und lassen es sogar zu, dass sie geschlagen werden – ohne sich zu wehren. Das geht überhaupt nicht.

Aber zurück zum Thema. Verschiedene Fälle, verschiedene Handlungsstränge. Jeder für sich eigentlich interessant. Aber was macht der Autor daraus? Sozusagen nichts. Ein einziger Fall wird zweifelsfrei aufgeklärt, nämlich der von Molly. Die anderen harren der Auflösung, und wenn man diese haben möchte, muss man den Nachfolgeband lesen.

Dieses Konzept mag in Fernsehserien funktionieren, für die der Autor in der Vergangenheit Drehbücher geschrieben hat, bei Thrillern/Krimis ist die Erwartungshaltung der Leser eine andere. Wenn ein Autor annähernd 2.500 Seiten braucht (für die gesamte Reihe), um einen schlüssigen Thriller zu schreiben in dem alle Feuer, die er bis dato gezündet hat, gelöscht werden, sollte er es vielleicht mit einem anderen Genre versuchen. Ein Krimi/Thriller verlangt nach einer Auflösung, mehr ist dazu nicht zu sagen. Punkt.