Rezension

Und Herzen brechen doch...

Summer of Hearts and Souls -

Summer of Hearts and Souls
von Colleen Hoover

Bewertet mit 5 Sternen

Eine Liebe wie der Ozean – unglaublich tief, unendlich weit und unfassbar zerstörerisch

Herzen können nicht brechen, sie haben ja keine Knochen. Diese Erfahrung haben Samson und Beyah beide schon gemacht. Wie es scheint, auf ganz unterschiedliche Weise. Denn Beyah ist arm seit sie denken kann, wuchs bei einer drogensüchtigen Mutter auf und erfuhr schon früh, dass andere sie verachten für die Person, welche sie ist. Auch Samson wird sie nicht anders sehen, dass beweist bereits ihr erstes Zusammentreffen auf der Fähre, die Beyah für die Dauer des Sommers zu ihrem Vater bringt. Denn Samson hat Geld, Samson ist beliebt, Samson interessiert sich nicht für sie.

Doch je mehr Zeit Beyah bei ihrem Vater, mit ihrer neuen Steifschwester und zwangsläufig auch ihrem Nachbarn Samson verbringt, desto klarer wird ihr, dass man Menschen nicht von Anfang an in eine Schublade stecken sollte. Und so lässt sie Samson näher an sich heran, als sie es je einem anderen Menschen erlaubt hat. Ob er ihr im Gegenzug sein Geheimnis verraten wird?

„Was ist es, das ihn zu dem einzigen Menschen macht, den ich jemals auf diesem Planeten getroffen habe, über den ich mehr wissen will?“

Klar ist ihnen beiden von Anfang an, dass der gemeinsame Sommer sie verändern wird. Aber ebenso klar ist auch, dass mit dem Ende des Sommers jegliche Art von Gefühlen, die zwischen ihnen bis dahin entstanden sein könnten, ihr Ende finden werden…

„Keine Angst, Beyah. Herzen haben keine Knochen. Die können gar nicht wirklich brechen.“

Herzen können nicht brechen - doch wieso schafft die Geschichte es dann, den Leser derart zu erschüttern? Die Handlung von „Summer of Hearts & Souls“ ist von Anfang an sehr tiefgründig. Obwohl durch amüsante Szenen und manch skurrilen Nebencharakter eine gewisse Leichtigkeit und eine Prise Humor mit in die Geschichte eingewebt werden, ist das Buch dennoch sehr ernst. Beim Lesen spürt man durchweg eine Art Traurigkeit und Verzweiflung, die mit jeder Seite zunimmt und die Atmosphäre dominiert. Zugleich verläuft das Buch recht entspannt und ruhig. Für meinen Geschmack fühlten sich manche Passagen einen Tick zu langatmig an, aber auf der anderen Seite erden einen die Stille und das wunderschöne Setting zunehmend.

Herzen können nicht brechen, denn dann wäre Beyahs längst zerstört, nach all dem, was ihr Leben ihr bisher aufgeladen hat. Sie ist eine recht spezielle Figur, geprägt durch all die Probleme, die ihr Leben darstellt. Beyah mag Charakterzüge an sich haben, die anstrengend sein könnten. Sie ist nicht immer ehrlich, sie liebt Geheimnisse und hegt Vorurteile. Aber Beyah ist auch eine Protagonistin, die man voll und ganz verstehen kann. Die Geschichte wird durchgängig aus ihrer Perspektive erzählt und man erfährt dadurch von Ereignissen, welche sie zu der Person werden ließen, die sie heute ist. Beyah hatte ihr Leben lang nur sich selbst und musste schon zu viele schlechte Erfahrungen machen, da kann man sie für ihr Verhalten gar nicht verurteilen, sondern ist von ihren Erzählungen getroffen und berührt. Durch Beyah wird man beim Lesen zum Nachdenken angeregt und lernt, wofür man im Leben eigentlich alles dankbar sein sollte.

Herzen können nicht brechen, von dieser Behauptung weicht Samson nicht ab. Aber glaubt er überhaupt selbst daran? Samson ist ein sehr rätselhafter, undurchdringlicher und verschlossener Charakter. Man liest kein Kapitel aus seiner Sicht und wird immer auf Distanz zu seinem Geheimnis gehalten. Dennoch habe ich ihn sehr, sehr liebgewonnen, weil er zeigt, dass man nicht alles über einen Menschen wissen muss, um ihn als das wahrnehmen zu können, was er ist. Was Samson ist? Loyal, liebevoll, genügsam und so viel mehr. Aber er schleppt eindeutig eine riesengroße Portion Traurigkeit mit sich herum. Ist es Ballast? Verzweiflung? Reue? Schuld? Man weiß es nicht und hegt nicht den geringsten Verdacht. Einfach nur WOW und großen Respekt dafür, dass Colleen Hoover es geschafft hat, Geheimnis und Spannung so lange aufrechtzuhalten. Von Vorhersehbarkeit fehlt jede Spur. Stattdessen bedient uns die Autorin mit vielen Überraschungen und interessanten Wendungen. Doch das bedeutet auch zwangsläufig, dass…

… „Herzen können nicht brechen“ von mir stark in Frage gestellt wurde. Denn wieso schafft es Colleen Hoover dann am Ende, den Leser so sehr auf die Folter zu spannen? Wieso muss man sich so sehr zusammenreißen, um nicht laut schluchzend loszuheulen, während ein mögliches Happy End immer weiter in die Ferne rückt? Bis zur letzten Seite bleibt es so spannend, so verzweifelt, dass man nicht erahnen kann, ob das angebrochene Herz bald auseinanderstürzen wird oder ob es sich doch nochmal kitten lässt.

Und Herzen brechen doch, das ist mein Fazit zu der Geschichte.

Der Sommer von Beyah und Samson steckt so voller Gefühle, voller Liebe aber auch voller düsterer Traurigkeit und zu Tränen rührender Verzweiflung, dass der Leser und sein Herz frontal getroffen werden. Die Story ist nicht allzu typisch Colleen Hoover – klar, es gibt sehr viel Herzschmerz oder auch für die Autorin typische Themen wie die Mutter-Kind-Beziehung werden behandelt. Trotzdem ist das Buch ganz anders als ihre anderen Bücher. Wenn man noch keinen anderen Roman von der Autorin kennt, würde ich tatsächlich nicht empfehlen, dass „Summer of Hearts & Souls“ der erste CoHo-Roman für einen wird. Der Roman ist zwar wirklich, wirklich gut, aber sie hat noch bessere, welche mit mehr Tempo oder solche, die ihr Talent mit Wörtern etwas Besonderes zu erschaffen deutlicher beweisen.  Das soll aber nicht heißen, dass ich das Buch nicht weiterempfehlen möchte – im Gegenteil. Wer erklärter Fan der Autorin ist, wer eine ruhige und sehr tiefgründige Geschichte sucht und wer eine Sommerlektüre lesen möchte, die völlig anders als andere Sommerromanzen ist – all diejenigen sollten das Buch auf jeden Fall lesen.

Tja, wie bewerte ich „Summer of Hearts & Souls“ nur? Es fällt mir so unglaublich schwer, weil ich total aufgewühlt bin, wenn ich an Samson und Beyahs Geschichte denke. Das Buch hat mich extrem traurig gemacht und doch habe ich es so, so sehr geliebt <3