Rezension

Und jetzt bitte etwas Neues, Herr Archer!

Die Wege der Macht - Jeffrey Archer

Die Wege der Macht
von Jeffrey Archer

Bewertet mit 3 Sternen

In schöner Regelmäßigkeit kommen die neuen Bände der Clifton-Saga in die Läden. Und ich glaube, dass es sich um die einzige Reihe handelt, bei der ich immer direkt nach Erscheinen zum neusten Teil greifen muss. Zwischenzeitlich fühlt es sich jedes Mal wieder an wie ein Klassentreffen mit alten Freunden. Die Charaktere wachsen langsam heran und je länger man sie in ihrem Leben begleitet, desto mehr wachsen sie einem auch ans Herz. Wie sich die geliebten Charaktere dieses Mal in ihrer Geschichte zurechtfanden, berichte ich euch heute.

Achtung! Bei dem Buch handelt es sich um die Fortsetzung einer Reihe, weswegen die Rezension Spoiler enthalten kann!

Der Inhalt

Die Wege der Familien Clifton und Barrington sind gezeichnet von Glück und Leid, von Machtspielen und Schicksalsschlägen. Während sich sein Jugendfreund Giles in eine Frau mit dunkler Vergangenheit verliebt, reist Harry Clifton nach Sibirien. Harry will dem dort inhaftierten Schriftsteller Babakow helfen – und bringt sich damit in große Gefahr. Auch für seine Frau Emma, die der Barrington-Gesellschaft vorsteht, schlägt eine schwere Stunde …
[ Quelle: Heyne ]

Meine Meinung

Wieder einmal stürzt man sich kopfüber in die Story, denn auch zum Ende des vierten Teils hat Jeffrey Archer uns mit einem miesen Cliffhanger zurück gelassen. Die Buckingham ist auf ihrer Jungfernfahrt nach New York. An Bord sind natürlich auch Harry und Emma. Und letztere ist ganz angetan von dem schönen Blumenarrangement, das ihr die Queen geschickt hat. Doch mitten in der Nacht fällt Harry ein Fehler in der beiliegenden Karte auf und er ist sich sicher, dass dieses Geschenk garantiert nicht von der Königin kommt. Er vermutet eine Bombe in der riesigen Vase und schafft es mit Hilfe von Giles gerade noch rechtzeitig, die Vase über die Reling des Schiffes zu werfen.

Durch einen wie gewohnt fesselnden Einstieg in die Geschichte ist man direkt von Seite 1 an gefesselt. Auch wenn Archer in jedem Buch eine Vielzahl von Charaktere auftreten lässt, freut man sich auf die Hauptcharaktere Emma, Harry und Giles schon wie auf alte Freunde. Wie schon bei den Vorgänger gefällt es mir wirkich gut, wenn die Teile nahtlos aneinander anschließen. Und dieses Stilmittels bedient sich Archer auch hier wieder. Das Buch umfasst dabei dieses Mal „nur“ sieben Jahre, von 1964-1970.

Auch sonst fallen einem viele Gemeinsamkeiten zu den vier Vorgängern auf. Und dieses Mal leider mehr als mir lieb gewesen wäre. Emma kämpft dieses Mal um ihren Platz im Barrington Vorstand, nachdem Lady Virginia ihr eine Verleumdungsklage an den Hals gehängt hat. Wieder einmal schafft es Giles Ex-Frau, der Familie wo es nur geht, Steine in den Weg zu legen. Harry hat sich dagegen eine ganz andere Aufgabe gesetzt. Er ist auf den russischen Autoren Anatoli Babkow aufmerksam geworden. Dieser war jahrelang Dolmetscher von Stalin und hatte nach dessen Tod „ein Enthüllungsbuch“ geschrieben. Dieses verschwindet allerdings aus sämtlichen Buchläden, bevor auch nur ein einziges Exemplar verkauft werden kann. Babakow wurde ein Schauprozess gemacht und seither ist er spurlos inhaftiert worden. Harry will sich für dessen Freilassung einsetzen.

Giles ist mittlerweile ja Minister der aktuellen Regierung. Daher gibt er seinen Vorstandssitz bei Barrington auf. Geprägt wird seine Geschichte aber allerdings durch Liebesdinge. Seine Ehe steht vor dem Aus, da die Nähe zwischen ihm und seiner Frau verschwunden ist. Auf einer Konferenz lernt er Karin kennen und verliebt sich in sie, obwohl er immer wieder den Verdacht hat, sie würde für den KGB arbeiten. Doch seine Affäre bleibt nicht ohne Folgen.

Wenn man die Vorgängerbücher gelesen hat und kennt, dann wird man mit dem Schema, das Jeffrey Archer hier bedient, bereits Bekanntschaft gemacht habe. Denn dieses Mal ist es mir irgendwie negativ aufgefallen, dass sich die Geschichte immer wieder wiederholt. Einen großen Gegenspieler hat das Barrington Unternehmen immer, die unterscheiden sich meist nur in der Persona non grata, welche sich der Bösewicht ausgesucht hat. In Die Wege der Macht intregiert Lady Virginia dieses Mal gegen Emma. Natürlich war es wieder spannend, dabei zuschauen zu dürfen, wie die ganze Situation sich entwickelt und wie die Charaktere eine Lösung zu finden versuchen. Aber irgendwie hatte ich ständig die kleine Stimme im Kopf: „das kennst Du schon…“.

Dass Archers Charaktere stellenweise tief aus der Klischeekiste gehüpft sind, habe ich bereits in vorhergegangenen Rezensionen erwähnt. Und so richtig böse fand ich immer Don Pedro, der in Teil 3 und 4 eine große Rolle gespielt hat. Er erinnerte mich irgendwie immer ein wenig an einen Mafiapate. Und ich mochte ihn. Vor allem spielte er ja gerade im vorhergegangenen vierten Teil eine große Rolle und war auch für die Intrige verantwortlich, durch die der Cliffhanger so besonders fies geworden ist.

Dass Jeffrey Archer kein Problem damit hat, geliebte Charaktere sterben und verschwinden zu lassen, hat er mehr als einmal eindrucksvoll bewiesen. Und auch Don Pedros Tage waren wohl gezählt (zumindest in der Story). Zum einen fand ich es schon schade, dass er im neuen Teil so gar keine Rolle mehr spielt. Aber der Abgang an sich war der Story wirklich nicht würdig.

Mein Fazit

Daher empfand ich Die Wege der Macht bisher als den schwächsten Teil, da nur wenig Neues dazu kam, das „gute“ Alte an Gewicht verliert und ansonsten die Story etwas vor sich hinplätschert. so die richtige Spannung kam nicht auf, es war allerdings trotzdem wieder eine ganz nette Lektüre. Ich hatte erwartet, dass Jeffrey Archer mal wieder mit etwas Neuem um die Ecke kam. Ich hoffe da nun auf den nächsten Band, der ja dieses Jahr noch erscheint.

 

© Nellys Leseecke - Lesen bedeutet durch fremde Hand träumen
Vielen Dank an den Heyne Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars