Rezension

Und Macheath, der hat ein Messer...

Gegen alle Zeit - Tom Finnek

Gegen alle Zeit
von Tom Finnek

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch hat wahrlich lange in meinem Regal ungelesener Bücher geschmort , und das ganz zu unrecht. Tom Finneks Umsetzung der "Dreigroschenoper" von John Gay und Johann Christoph Pepusch als Abenteuerroman mit Anleihen bei Brecht/Weill, macht einfach Spass. Man muss die Vorlage auch gar nicht kennen, um dem Geschehen im London des 18. Jahrhunderts folgen zu können.
Der Schauspieler Henry Ingram landet nach einer Vorstellung des oben genannten Stücks in der Zeit, kurz bevor es geschrieben werden würde. Er lernt die wahren Vorbilder für die Figuren kennen und zum Teil auch lieben. Er wird hineingezogen in das Bandenwesen rund um den berüchtigten Jack Sheppard, lernt dabei so manche Gosse gründlich kennen und muss mehrfach um sein Leben fürchten. Rettung ist immer wieder die Tatsache, dass er ja weiß, wie die Geschichte ausgeht.
Dieser Roman ist der ideale Ferienschmöker und enthält so ziemlich alles, was einen auf der Strandliege die Zeit vergessen lässt: Liebe natürlich, Verfolgungsjagden, Gaunerehre, Verrat, rasante Abfolgen und spannende Wanderungen durch das "alte" London. Finnek schreibt keine große Literatur, aber kann ordentliche Spannungsbögen bauen und die Gegebenheiten damals anschaulich beschreiben. Ansonsten lebt der Roman von seiner Atemlosigkeit - Abenteuer folgt auf Abenteuer und der arme Henry muss stets in Bewegung bleiben, um nicht unter die Räder zu kommen. Für die Kenner der Dreigroschenoper, egal ob von Gay/Pepusch oder Brecht/Weill sind natürlich auch die Vergleiche reizvoll und die durchaus witzige Beantwortung der Frage, wer Mackie Messer eigentlich wirklich war.
Wer also aktionsreiche historische Romane mag, die nicht in den oberen Gefilden der Gesellschaft spielen, wer mit verschimmeltem Stroh und aufdringlichen Ratten zurechtkommt, dem sei dieser Roman empfohlen. Gerüche kann man sich ja, gottseidank in diesem Falle, noch nicht erlesen.

Die Überschrift stammt aus der "Moritat von Mackie Messer" aus der Dreigroschenoper von Brecht/Weill.