Rezension

"Und niemand sagt mehr Kind zu mir"

Sterben im Sommer - Zsuzsa Bánk

Sterben im Sommer
von Zsuzsa Bánk

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist der heiße Sommer 2018, der für die Ich-Erzählerin aus „Sterben im Sommer“ viele Tränen, Leid und Trauer bereit hält. Sie erlebt die letzten Tage an der Seite ihres Vaters, der seit Monaten gegen eine unheilbare Erkrankung kämpft. Es ist wie ein letztes Aufbäumen und alle Familienmitglieder klammern sich an eine vage Hoffnung, dass er doch noch weiter leben darf. Zsuzsa Bánk berichtet, wie sie an seinem Bett sitzt und die Vergangenheit Revue passieren lässt. Es sind die schönen Erinnerungen, welche ihr Trost und Zuversicht vermitteln. Doch, was bringt die Zukunft und wie erträgt die Mutter den Verlust?

 

„Weihnachtshaus“ war das erste Buch, welches ich von der Autorin las. Ich wusste also schon, worauf ich mich einlasse. Ihr Schreibstil ist nicht alltäglich und das macht ihre Romane für mich so lesenswert. „Sterben im Sommer“ ist ein sehr persönliches Buch. Die Eltern kamen im Jahr 1956 nach Deutschland und waren die erste Generation der Banks, die sich hier niederließen. Die Heimat Ungarn konnten sie erst nach einigen Jahren wiedersehen. Zsuzsa Bánk lässt viele Stunden der Vergangenheit, die sie mit dem Vater erleben durfte, noch einmal an ihrem inneren Auge vorbeigleiten. Sie hatte ein inniges Verhältnis zu ihm und die Sommertage am Balaton gehörten zu den schönsten Tagen ihres Lebens.

 

„Sterben im Sommer“ schildert die Zeit von der schmerzhaften Diagnose „Krebs“ bis zum Tod. Die Erschütterung, das Nichtwahrhabenwollen, die Verdrängung. Viele Sätze konnte ich doppelt unterstreichen und immer wieder denken: Ja, so war es bei mir auch. Die Gewissheit, die Eltern abgeben zu müssen und die nächste Generation zu sein, ist schwer auszuhalten. Niemand nennt einen mehr „Kind“ und wo soll man anrufen, wenn einem etwas ganz Tolles gelang? Die Zeit vor der Beerdigung und dann dieser Akt, es ist schwer aber auch ein wichtiger Teil des Abschiednehmens. Ich gebe fünf Sterne und empfehle das Buch allen, die ein Elternteil zu Grabe tragen mussten. Ja, ich denke, dass die hier niedergeschriebenen Gedanken Trost und Hilfe sein können. Zumindest helfen sie, dass sich der Blickwinkel ändert.