Rezension

Und was geschah mit dem Holz der Eiche?

Die Bücherjäger - Dirk Husemann

Die Bücherjäger
von Dirk Husemann

Bewertet mit 4.5 Sternen

Dirk Husemann gelingt es mit seinem Roman "Die Bücherjäger" einen mit in die Zeit des Konstanzer Konzils zu nehmen, auf dem das Schisma der Kirche (es existierten gleichzeitig drei amtierende Päpste) gelöst werden sollte. Diese Frage steht dann aber nicht im Mittelpunkt des Romans, sondern der (wirklich gelebt habende) Bücherjäger Gianfrancesco Poggio Bracciolini, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Antike Texte in den Scriptorien der Klöster zu finden und vor dem Auslöschen und/oder Überschreiben zu retten. Bei einem dieser Besuche stößt er auf ein Buch, das unter dem sichtbaren einen brisanten Text enthält. Poggio befürchtet, dass bei Bekanntwerden des Textes das Abendland untergeht - aber nicht alle seine Begleiter haben diese Skrupel. Und so muss er diesem Buch hinterherjagen, um die Veröffentlichung zu verhindern.

Poggios Begleiter wechseln und haben alle ihre eigenen Ziele (und verstehen nicht, warum Poggio die alten Texte so wichtig sind). Und es bleibt nicht bei einem Buch... Husemann fokussiert sich aber eben nicht nur auf die Bücher und die Buchkunst, sondern beschreibt auch das Leben im eisigen Winter drumherum - und man lernt nebenher so einiges über die Denkweise und die Errungenschaften der Zeit. Aus meiner Sicht hat der Spannungsbogen zum Ende hin eine kleine Delle - die Auflösung des Dilemmas der unterschiedlichen Ziele der Protagonisten passt aber gut zur Entwicklung der Charaktäre.

Der Roman gliedert sich in insgesamt vier Teile (Berg - Grab - Turm - Abgrund) und die Haupthandlung wird regelmäßig durch "Stundenglas"-Kapitel unterbrochen, die Rückblenden in Poggios Leben darstellen (bzw. einen Ausblick zum Schluss). Dadurch wird Poggio sehr lebendig, und auch die Beziehunge Poggio - Baldassare wird erklärt. Im Nachwort wird auch nochmal deutlich erklärt, welche Teile des Romans historisch belegt sind, wie diese umgesetzt wurden und was reine Fiktion ist.

Ich kann dem Roman jedem empfehlen, der sich für das Mittelalter interessiert - und über Folianten lernt man auch einiges.

Ach ja - die Eichenfrage muss man dann schon selbst lösen, eine eindeutige Antwort findet man darauf im Roman nicht, wohl aber den Hinweis, nicht alles unreflektiert zu akzeptieren, was einem gesagt wird.